Genetic Codes - Franz Bahr, Jochen Seelhammer, Nicole Feistkorn

webtitelbildDie Galerie – Graf - Adolf präsentiert in der Zeit vom 02. Mai bis zum 13. Juni 2009 die Gemeinschaftsausstellung „Genetic Codes“, mit Pneumatik Skulpturen von Franz Bahr, Fotokunst von Jochen Seelhammer und Nicole Feistkorn. Das Element Metall steht im Mittelpunkt dieser Werkschau.

Die exotisch und irrational anmutenden Skulpturen von Franz Bahr, werden durch die Augen des Fotokünstlers Jochen Seelhammer fotografisch festgehalten. Die Besucher haben also die Gelegenheit die Objekte gegenständlich und real zu erleben und deren Interpretation des Fotografen zu betrachten. Komplettiert wird die Präsentation durch die Fotografien von Nicole Feistkorn, die ihre selbst geschaffenen Metallskulpturen ebenfalls fotografisch festgehalten hat.

Wir haben die ausstellenden Künstler interviewt:
Nicole Feistkorn
Du bist in Ostberlin aufgewachsen, wie hast du die Wende erlebt und inwieweit hat dich dieses Ereignis künstlerisch geprägt?
Es war eine krasse Veränderung und ich fand das damals als Kind schrecklich, weil ich aus meiner Struktur gerissen wurde. Ich war gerade neun und habe von der Manipulation des Staates noch gar nichts mitbekommen. Für mich war es so, dass es plötzlich die Pioniere nicht mehr gab. Das war schon so gedacht, dass die Kinder konditioniert wurden, das wussten wir natürlich nicht. Wir Kinder waren einfach am Nachmittag zusammen und haben gebastelt, gespielt und waren beschäftigt.
Auf einem Schlag war alles anders. Viele Kinder und Lehrer kamen nicht mehr in die Schule, weil sie „rüber“ gegangen sind und es fand kein richtiger Unterricht mehr statt. Das war nicht so toll für mich. Es kam einfach überraschend. Berlin wurde sehr kreativ und so
begann ich 1996 Stilleben zu zeichnen, um mich selbst künstlerisch auszudrücken.

In der Galerie – Graf – Adolf werden Fotografien zu sehen sein, die eine von dir geschaffene Metallskulptur darstellen. Du hast das Element, welches dich immer wieder anzieht fotografisch dokumentiert. Damit verbindest du zwei deiner liebsten künstlerischen Elemente. Was gefällt dir daran?
Ich hatte bis 2001 eine alte Praktika, mit der ich die Schwarz-Weiß Fotografie für mich entdeckt habe. Die Fotos habe ich zum Leidwesen meiner Eltern, in unserem kleinen Bad selbst entwickelt. Ich war fasziniert, was aus so einem Blatt Papier entstehen kann. Ich habe mich reingelesen und diese Technik selbst für mich entdeckt. Von Metall war ich schon als Kind fasziniert. Der Reiz liegt für mich darin, dass es nicht so schnell und leicht bearbeitet werden kann. Es ist interessant zu sehen, wie sich das Material mit dem Schweißdraht verbindet. Es gibt so viele Möglichkeiten, wie sich die Elemente selbst verformen und wie man das Metall so unter Kontrolle bekommen kann, dass es sich verformt. Die Formen, die man durch Schweißen gestalten kann, haben mich schon immer interessiert. Auch sind die Eigenschaften von Metallen faszinierend. Allein der Rost hat tausend Formen, Gründe und Ausdrucksmöglichkeiten. Es zieht mich immer wieder in diese Richtung. Irgendwie ist es mein Material.


Du hattest in Köln und Düsseldorf Ausstellungen, in denen du, zu deinem eigenen Überraschen mehrere Bilder verkauft hast. Das gab dir Motivation weiter deinen Weg als Künstlerin zu gehen. Was ist dir dabei wichtig, warum machst du Kunst?
Diese Ausstellungen zeigten mir einfach, dass meine Arbeiten ankommen. Das habe ich gebraucht. Ganz zu Beginn wollte ich die Welt verändern. Wenn ich mir unseren Planeten anschaue, dann kann es so nicht weiter gehen. Ich war inspiriert etwas zu schaffen, was die Menschen zum Nachdenken bringt und zu dem Schluss kommen lässt, etwas verändern zu müssen. Das ist leider utopisch. Ich finde schon, dass man durch Kunst viel bei den Menschen erreichen kann. Ich bin gerade damit beschäftigt zu überlegen, wie ich alle Klassen der Gesellschaft ansprechen kann. Das ist sehr schwierig. Auch bin ich weiterhin
von der therapeutischen Wirkung überzeugt, weil ich glaube, dass man nicht nur mit Medizin heilen kann. Man kann durch die Kreativität viel bei den Menschen erreichen. Ich möchte etwas machen, wo die Leute aus ihrer alltäglichen Tretmühle aufwachen.

Wo sie stehen bleiben und anfangen, nachzudenken. Was sind deine Pläne und Wünsche?
Ich wünsche mir, dass dieser Kulturkrieg aufhört und die Menschen einfach ein Bewusstsein fürs Leben entwickeln. Dass sie endlich daran denken, dass nach ihnen auch noch Menschen leben werden.


Jochen Seelhammer
Was sind Deine Themen in der Fotografie?
Ich fotografiere selten Menschen, Tiere oder Pflanzen. Mein Hauptthema sind Gebäude, Architektur und Stilleben. Die Dinge, die mich reizen, sind möglichst klare Formen und sehr stark abstrahierte Details aus dem, was man sieht. Leblose Dinge haben den Vorteil, dass
man sie schön inszenieren kann. Grundsätzlich kommt es darauf an, eine gewisse Präsenz zu vermitteln. Gerade ein Stilleben im Studio kann über eine längere Zeit hinweg entstehen. Egal, ob das nun ein schlichtes freigestelltes Produktfoto ist oder ob es ein inszeniertes Bild ist, das arrangiert wird.


Du hast dich seit Kurzem selbstständig gemacht. Wie kam es zu diesem Entschluss?
Ich hatte durch meinen letzten Arbeitgeber die Möglichkeit, mit einem gewissen finanziellen Polster in die Selbständigkeit zu gehen. Das war der ausschlaggebende Faktor für mich, diesen Schritt zu wagen. Ich wusste, ich habe eine gewisse Zeit lang, finanzielle Ruhe. Das
ist auch ein Selbsterfahrungstrip für mich, denn die Selbständigkeit als solche, ist für mich wichtig, um den Selbsterhalt auch mal selber an mir zu erfahren. Die Idee, selbständig zu fotografieren, ist schon sehr lange in meinem Kopf. Ich fotografiere seit 25 Jahren. Ich war immer Autodidakt und habe sehr viel gelernt in der Zeit. Der Drang war immer stark zu sehen, ob jemand eines Tages sagt: „Du bist mein Fotograf und ich beauftrage dich jetzt!“

Wo liegt die Grenze für dich zwischen den Auftragsarbeiten, die du als Fotograf hast und deiner künstlerischen Arbeit ?
Die Grenze ist abhängig von dem, was fotografiert wird. Ob das nun eine Tüte Gummibärchen ist, die freigestellt fotografiert werden muss oder ein komplexes Designobjekt: die Form des Auftrages und die Form des Objektes, das zu fotografieren ist, entscheiden: ist es Handwerk oder ist es Kunst? Wo fängt Kunst an und wo hört sie auf? Dies ist eine Frage, die schwer zu beantworten ist, da haben sich schon die Philosophen den Kopf darüber zerbrochen. Wenn es dahin geht, dass ich eine eigene Idee umsetze, dann würde ich das als Kunst bezeichnen.
Schlussendlich tragen alle Arbeiten meine Handschrift, ob das nun für einen Auftraggeber oder für mich selber ist.

Welche Motivation hast Du bei der Arbeit ?
Die Motivation, mich selbständig zu machen, differiert deutlich von der Motivation, die ich beim fotografieren habe. Beim künstlerischen Arbeiten ist es der Schaffensakt, am Ende des Tages sagen zu können:
„Ich stehe hier, ich habe etwas produziert, es ist fertig und haltbar.“ Es ist die Motivation, etwas Dauerhaftes zu produzieren und natürlich auch Menschen eine gewisse Freude zu bereiten.


Was wünschst Du Dir für Deine Zukunft ?
Ich wünsche mir eine gewisse Kontinuität in meiner Selbständigkeit und mehr Ruhe, um neben dem bezahlten Job, der Auftragsfotografie, meine Kunst zu verfeinern.

Franz Bahr
Dich künstlerisch auszuleben, ist deine Veranlagung. Von innen heraus verspürst du das Bedürfnis, deine Arbeiten zu schaffen. Doch begonnen hat deine berufliche Laufbahn mit einer klassischen Lehre zum Maschinenschlosser. Was war der Grund dafür?
Ja das stimmt. Ich habe das Gefühl, ich muss einfach künstlerisch bildend tätig sein. Diese Arbeit verlangt das letzte Hemd von mir, ob nun physisch, psychisch oder materiell. Ich mache das mit einer ungeheuren Leidenschaft, ansonsten hätte ich gar nicht die Kraft dazu, so etwas durchzuziehen. Nur war es so, dass meine Eltern nicht begeistert davon waren, als ich als Berufswunsch Künstler äußerte.
Also erlernte ich erst einmal einen bodenständigen Beruf. Dort war die Affinität zum Metall schon zu sehen. Dadurch habe ich die Fertigungsmethoden und Verarbeitungsmechanismen und das Element selbst kennen gelernt. Ich profitiere heute noch von meinen damaligen Erfahrungen.

Du hast ein neues Verfahren der „pneumatic sculptures“ entwickelt. Wie bist du darauf gekommen?
Das war in den Achtzigern und während dieser Zeit, kamen die Metallmöbel in die Wohnungen. Das war das, was mich auch ansprach und ich bekam Kontakt zu der Designgruppe Pentagon. In den Kölner Werkschulen konnte ich mich für ein Semester für den Studiengang Metallbildhauerei bei Prof. Anton Berger einschreiben. Da die Schule im Begriff war zu schließen, hatte ich die Werkstätten und das Atelier fast für mich allein. Durch experimentieren habe ich ein neues Herstellungsverfahren gesucht und mich diesem von der naturwissenschaftlichen und physikalischen Seite her genähert. Denn Schweißen und Schmieden war bekannt. Ich habe überlegt, was geht eigentlich noch? Daher probierte ich viel aus. Also kam ich eines Tages auf die Idee, was passiert wenn man zwei Objektplatten zusammenschweißt und dann Druckluft reingibt. So ist mein erstes Kissenartiges Objekt entstanden. Es war eine Überraschung.

Wo und wie entstehen deine Werke?
Ich habe ein wunderschönes großes Atelier in einer Scheune auf einem restaurierten Gutshof. Ich kann dort schalten und walten, wie ich es will. Zu Beginn habe ich eine Idee. Ich wähle das Material aus und lege ein Schnittmuster fest. Dann werden die Teile mit einem Laser geschnitten. Darauf folgt der Schweißprozess, es ist der meditativste Teil in der Herstellung. Bis hierhin ist der gesamte Prozess planbar. Nun ist der sogenannte „genetic code“ durch die Materialauswahl und dessen Dicke mit den entsprechenden Toleranzen und unterschiedlichen Spannungen festgelegt. Jetzt kann eigentlich jeder das Objekt mit Druckluft aufpumpen und eine einzigartige Skulptur entsteht.

Was wünschst du dir für die Zukunft?
Dass es der Kunst immer gut gehen wird, dass sie nicht verloren geht und mehr Aufmerksamkeit bekommt.

Weitere Informationen zu den Künstlern und zur Ausstellung:

Genetic Codes

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