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Die Mittwochsmaler

Kölner Grafitti- und Jugendprojekt

ein Bericht von:  Helena Montagnese für second magazine

Im Jugendzentrum Luckys Haus in Bilderstöckchen wird schon lange nicht mehr nur mittwochs gemalt. Der Sozialdienst Katholischer Männer e.V. Köln (SM) setzt  der Kreativität junger Graffiti-Sprayer keine Grenzen. Im November 2005 gründete er in Köln das Projekt ”Mittwochsmaler”, das im Namen des HipHop Netzwerkes für Toleranz und Integration entstand. Seit sechs Jahren ermöglichen kommunale Mittel der Stadt Köln die erfolgreiche Arbeit mit den Jugendlichen und schaffen auch für die Kölner an vielen Orten in ihrer Stadt eine neue und beeindruckende Realität.

grafitti koelner zooDie ”Mittwochsmaler” machen mit dem negativen Bild der Graffiti Sprayer reinen Tisch, sie räumen mit Vorurteile auf und machen den Unterschied zwischen Kunst und Schmierereien klar. Jungen Menschen,
die sich für Graffiti begeistern, ist es nun endlich möglich auf erlaubten Flächen und Räumlichkeiten ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Es ist natürlich wichtig, den Graffiti-Sprayern Respekt gegenüber gesellschaftlichen Normen und allem, was legal ist, zu vermitteln, aber den Beteiligten des Jugendprojektes geht es besonders um die Jugendlichen und ihre Bedürfnisse.

Die ”Mittwochsmaler” fördern Talent und persönliche Weiterentwicklung junger Menschen in einer Gesellschaft, die Graffiti eher als eine lästige Randerscheinung betrachtet. Meist sind die Teilnehmer im Alter von 14-17 oder 18-23 Jahren. Ein Alter, in dem sie besonders dadurch gefährdet sind, dass die Graffiti-Szene sich auf dem schmalen Grad zwischen ”legal” und ”illegal” bewegt.
Dafür, dass diese jungen Talente nicht vom Weg abkommen, sorgt das Projekt ”Mittwochsmaler”.

Die amerikanische HipHop-Bewegung der 80er Jahre brachte Graffitis von New York nach Deutschland. Besonders junge Menschen interessierten sich für die neue Kunstbewegung und es fand eine subkulturelle Entwicklung statt. Für sie wurde Graffiti zu einem eigenen Lebensstil, und es entwickelten sich unterschiedliche Ausdrucksformen, die in farbenfrohen Wandgemälden ihre ”Stimme” fanden. Trotz der mittlerweile ausgeprägten Kunstform bleibt Graffiti auch heute noch ein Mittel des Protestes. Illegales Sprayen und der ungewöhnliche Lebensstil haben in der Öffentlichkeit einen bitteren Beigeschmack.

Wo beginnt Kunst

Auch wenn Graffiti immer wieder ein schwieriges Thema in der Gesellschaft ist, schaffen es die ”Mittwochsmaler”, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, wie wichtig für sie das Sprayen ist. Das ist wahrscheinlich einer der vielen Gründe dafür, dass das Projekt sowohl als Jugendhilfe als auch in der Graffitiszene akzeptiert und respektiert wird. Die jungen Graffiti-Sprayer wollen klarstellen, dass ihre kreativen Werke nichts mit den hässlichen Schmierereien an Hauswänden zu tun haben. Sie überzeugen und beweisen mit sehr unterschiedlichen Projekten, dass ihre pieces – so bezeichnet man die einzelnen Bilder in der Graffiti-Szene – in einer anderen Liga spielen.

Das Projekt ”ARTgerecht – gesprühte Kunst für den Kölner Zoo” begeisterte Passanten aus allen Generationen. Es wurde von der KatHO NRW, einer Gruppe von Studenten der Katholischen Hochschule NRW im Fach ”Soziale Arbeit” wissenschaftlich begleitet und bewertet. Die Werke von 12 professionellen Künstlern wurden am 14. April 2011 auf der 300 Meter langen Zoomauer – gut sichtbar am Straßenrand –ausgestellt. Besonders das ältere Publikum war von den farbenfrohen Wandgemälden total begeistert.
Gegen jeden Irrglauben ist es nicht die ältere Generation, die Spray-Kunst Jugendlicher missversteht und kritisiert, denn von eben diesen Senioren gab es nur positive Rückmeldungen. Im Vorbeigehen freuten sie sich darüber, dass die triste Zoomauer nun endlich das Stadtbild verschönert.

Im November 2011 gestalteten die ”Mittwochsmaler” eine Seniorenresidenz für Kölns größtes Immobilienunternehmen GAG. Bevor die ersten Entwürfe, sogenannte sketches, entstanden, sprachen  die Jugendlichen mit den Bewohnern der Residenz. Sie ließen sich von deren Erinnerungen für ihre pieces inspirieren und verwandelten so die tristen Außenwände des Gebäudes in eine wundervolle Landschaft, in der die Geschichten der alten Männer und Frauen zum Leben erweckt wurden. Die Senioren waren von den Kunstwerken der Jugendlichen tief berührt, und das war für die Graffiti-Sprayer die schönste Annerkennung für ihre Arbeit.

Das macht das Projekt zu einem großen Erfolg, denn die jungen Sprayer wollen nicht unbedingt Presseberichte über ihre Arbeit lesen, sondern in erster Linie ihre Kunst zeigen. Schöne Dinge bringen Begehrlichkeiten.
Die Anerkennung der ”Mittwochsmaler” ist auch in Köln schon lange kein Geheimnis mehr. Die Jugendlichen bekommen immer mehr Aufträge von Firmen und Privatleuten. Die Leiter freuen sich natürlich
über den Zuspruch der Gesellschaft und die Annerkennung der ”Mittwochsmaler”, allerdings halten sie das Ganze immer fest im Blick. Die jungen Graffiti-Sprayer sollen nicht für irgendwelche gewerblichen
Zwecke ausgenutzt werden, es geht in erster Linie darum, sie für die Zukunft zu stärken. Die ”Mittwochsmaler” möchten das besondere Talent der Jugendlichen fördern und sie auch auf dem Weg der Berufsfindung begleiten.
Im Rahmen des Graffiti- und Jugendprojekts plant der Leiter und Diplomsozialpädagoge Maurice Kusber viele weitere Projekte und Aktionen. Zunächst sollen neue legale Flächen zum Sprühen in Köln
und Umgebung geschaffen werden, sogenannte ”Halls of Fame”. Meist sind es Fabrikhallen, die als Arbeits- und Kunsträume dienen sollen. Schon bald soll die Halle 60 in Köln Kalk ein neuer Arbeitsraum
werden und es weiteren jungen Sprayern ermöglichen, dem Jugendprojekt beizutreten. Jeder kann kostenfrei teilnehmen. Materialien wie Sprühdosen, Stifte, Masken und Handschuhe werden zur Verfügung gestellt. Die finanziellen Mittel des Jugendprojektes sind jedoch begrenzt. Der personelle Auwand ist sehr hoch, und da sich immer mehr Jugendliche für das Projekt interessieren, benötigt der SKM e.V. dringend Sponsoren , um auch weiterhin Jugendliche für ihre Zukunft zu fördern und sie in ihren künstlerischen Fähigkeiten zu stärken./hm

Ausstellungen und Kontakt:

Graffiti von Picasso bis Keith Hearing im Kölner First Class-Hotel
Jugendkunstprojekt
”MittwochsMaler” gestaltet Tiefgarage des Renaissance Hotels Renaissance Hotel Köln
Tiefgarage
Magnusstraße 20 | 50672 Köln
Kontakt:
Projektleitung: Maurice Kusber
Tel.: 0221-175941
mittwochsmaler@skm-koeln.de

www.mittwochs-maler.de

Träger

SKM e.V.
Kölner Bilderstöckchen OT Luckys Haus 58A
50739 Köln

Öffnungszeiten:
Mo.: 16:30 bis 17:45 Uhr
Rechtsberatung für Jugendliche, Erwachsene und Eltern.
Ansprechspartner: Maurice Kusber
Di.: 17:00 bis 20:00 Uhr

GraffGirls – ein Angebot für Graffiti- und Kunstinteressierte Mädchen.
Ltg. Alexandra Renken
Mi. + Do.:17:00 bis 20:00 Uhr
MittwochsMaler – ein Angebot für alle Graffiti interessierten Jungen und Mädchen. Ltg.: Alexandra Renken

Weitere interessante Berichte und Termine im aktuellen Second Magazine (ab 20.02.2012 an allen bekannten Zeitungskiosken zu haben!) www.second-magazine.de