Plädoyer fürs Hörspiel

Entschleunigung hilft!

ein Bericht von second magazine

radio hoerspieleSich Zeit nehmen für’s Radiohören?

Punktum einschalten und die nächste Stunde nichts anderes tun als dem Radio zu lauschen? Früher war das gang und gäbe – heute sind derartige Aktivitäten fast in Vergessenheit geraten. Aber es
geht auch anders.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich höre häufig Radio – zu Hause beim Frühstück, zwischendurch oder wenn ich unterwegs bin. Keine Autofahrt ohne Radio. Natürlich habe ich meine Lieblingssendungen, aber eigentlich handelt es sich eher um „passives“ Hören. Doch neulich war alles anders. An einem Dienstagabend nach acht war ich in Köln unterwegs. Es war der Abend des nachgeholten FC-Spiels – und so war es recht voll auf den Straßen. Zum Glück, denn so konnte ich auf WDR5 das Hörspiel „Auf freien Füßen“ verfolgen.

Zu Hause hätte ich mir wahrscheinlich nicht die Zeit dafür genommen, doch bis ich dort ankam, hatte es mich so sehr in seinen Bann geschlagen, dass ich nur noch ins Haus hechtete, um dort am Radio das Ende mitzubekommen.
Dabei war die Produktion aus dem Jahr 2004 von Ulrich Land kein Hörspiel im eigentlichen Sinne. Toncollage würde es schon eher treffen oder Feature mit Hörspielcharakter.
Denn die Geschichte um eine Frauenleiche stellte lediglich den Aufhänger des Stückes dar. Das Besondere daran: die Leiche hat keine Füße – und die sind auch nicht auffindbar. Die Spur zum potentiellen Täter ist nicht weit. Denn Charly steht auf Füße, auf schöne, schlanke Frauenfüße. Und er hat eine Vorliebe für Frauenschuhe. Da auf dem Anwesen seiner Ex-Frau Ella bei einer Wartung der Sickergrube eine Frauenleiche ohne Füße gefunden wird, scheint die Sache schnell klar.
Doch an dieser Stelle beginnt die künstlerische Ton- und Montagearbeit von Ulrich Land. Den Hörer nimmt sie mit auf eine Reise zwischen Fiktion, Polizeiarbeit, Expertise und bildhaftem Hörspiel.

Neben den im Studio aufgenommenen Dialogen der Protagonisten Ella und Charlie kommt der ermittelnde Kommissar Schmelzer zu Wort. In einem Experteninterview am Tatort – als Original-Ton
mit Hintergrundgeräuschen aufgenommen - erklärt er in sachlichem Tonfall die Arbeit der Polizei: Spurensicherung, Ermittlung, Täterprofil, kriminalistische Aufklärungsmethoden. Parallel erklärt uns, dem Hörer, eine weibliche Expertin im Interviewstil alles bis ins kleinste Detail über die Lederproduktion, angefangen vom Häuten, Gerben, Färben bis hin zum Zuschnitt und dem Aufbau von Schuhen. Wenn sie mit Blick auf den Gerbvorgang sagt: „Das stinkt wie die Pest“, meint man fast, einen ätzenden Geruch wahrzunehmen.

Rasante Schnipsel-Collage
Alle diese verschiedenen Aussagen und Dialoge sind jedoch zu einer Art „Schnipsel-Collage“ verwoben. Der Hörer erlebt einen schnellen Wechsel von Stimmen und Situationen: mal ist er Zeuge der zerbrochenen Beziehung von Ella und Charlie, dann kommen ein, zwei Sätze des Kommissars zu den Ermittlungen, ein kurzer Ausflug in die Welt des Häutens, dann wieder eine Erzählerin aus dem Off, und schließlich noch die im Flüsterton gehauchten Mordfantasien eines potentiellen Killers. Teilweise sind die Versatzstücke absurd ineinander verwoben, spannende Musik begleitet die sachlichen Erläuterungen, dann kommt wieder Akkordeonmusik, dazu ein Schnipsel von Ellas Gedanken über ihre Beziehung zu Charlie, ein hastiges Telefonat, eine Aufklärung zum Tatmuster und ein Interview zu historischen Kriminalfällen. Dem Hörer bleibt weder die Zeit, sich auf die Geschichte einzustimmen noch auf die fachlichen Erklärungen: Er muss dem schnellen Wechsel folgen, und erst fast am Ende fügen sich die Schnipsel zu einem Bild zusammen. Doch das ist genau das Rezept, mit dem Ulrich Land die Spannung hält bis zum Schluss, mit dem er den Hörer am Radio hält und das ihn erst loslässt, wenn die Nachrichten kommen. Stellvertretend für die vielen anderen Hörspielproduzenten hat er mich damit neugierig gemacht auf die kommenden Dienstagabende, wenn ich um kurz nach acht das Radio einschalten werde. /as

Hörspielprogramm im Radio: http://www.wdr.de/radio/hoerspiel/index.phtml

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www.second-magazine.de

 

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