Geschrieben am . Veröffentlicht in Kolumne und Fiktion.

Opa über die Notwendigkeit nicht perfekt zu sein.

pusteblume„Opa, wenn ich groß bin, mach ich dann immer alles richtig?“
„Ich hoffe nicht. Das wäre dann nämlich ziemlich traurig.“
„Wieso? Alle Erwachsenen machen doch immer das Richtige.“
„Das glauben sie vielleicht, aber dem ist nicht so. Wir alle sind voneinander abhängig. Das ist wie mit Omas Suppe. Wie würde die wohl schmecken, wenn da keine Möhren drin wären? Wahrscheinlich ganz komisch. Doch Möhren machen noch lange keinen Leckeren Eintopf. Ohne Wasser, Fleisch, Gemüse und natürlich Buchstabennudeln würde man nur eine Möhre essen. So ist es auch bei uns Menschen. Jeder einzelne ist wunderbar und einzigartig, hat seinen eigenen Charakter und doch ist er nur einer unter Milliarden anderer Menschen.
Wirklich erwachsen sein heißt, seine Stärken zu erkennen und zu nutzen. Denn so kann man seinen Liebsten etwas Gutes tun. Aber wir alle haben auch Fehler, selbst ein alter Mann wie ich. Dessen muss man sich als Erwachsener auch bewusst werden. Es ist wichtig Menschen zu finden, die einem helfen mit seinen Schwächen umzugehen und sie gegebenenfalls auszugleichen. Denn sonst kann man sehr viel Schaden anrichten und man steht am Ende allein da und kann niemandem etwas Gutes tun.“
„Das wäre traurig. Aber wieso haben Menschen denn nun Fehler?“
„Damit wir zueinander finden, wie die Zutaten von Omas Suppe, denn nur zusammen können wir etwas Gutes schaffen.“
„Aber warum gibt es dann Kriege und Ungerechtigkeit?“
„Nun das geschieht, weil viele Menschen glauben sie seien erwachsen und machen immer das Richtige. Leider.“
„Ich verstehe. Wenn du nicht so faul wärst und statt mit mir zu reden, die Möhren für Omas Suppe rausgemacht hättest, dann hätte ich vielleicht nie erfahren, dass es gar nicht schlimm ist, Fehler zu haben.“
„Du bist ein schlaues Kerlchen. Komm hilf mir, sonst schimpft sie wieder.“

Ilka Baum

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