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Ausstellung "Louis Stettner - Early Joys"Donnerstag, 3. Dezember 2020 |
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Moving other people, deeply - Anmerkungen zum Werk des Fotografen Louis Stettner von Hans-Michael Koetzle Was für ein Leben – zwischen Fotografie und bildender Kunst, Plastik und Tafelmalerei, Frankreich und Amerika. Ein Leben zwischen Ländern und Kulturen, Sprachen und Befindlichkeiten. Nicht dass sich Louis Stettner nicht hätte entscheiden können. Aber er braucht wohl dieses Oszillieren zwischen den Kontinenten, den Städten und Disziplinen, um immer wieder neu den großen Fragen des Lebens nachstellen zu können. »Being a photographer«, hat er einmal gesagt, »means perpetual discovery.« 1922 in Brooklyn geboren, gestorben 2016, hat Stettner praktisch das gesamte 20. Jahrhundert durchmessen. Scheu und wortkarg, sagt er, sei er in jungen Jahren gewesen. Was den 14- oder 15-jährigen nicht davon abhalten konnte, sich einen Schlips umzubinden und sich im Metropolitan Museum die Arbeiten großer Kamerameister vorlegen zu lassen. Noch heute, sagte Stettner, höre er das Rumpeln und Ächzen des Archivwagens mit neuen, ungeahnten Bildern. Der jugendliche Stettner machte Bekanntschaft mit den Achttausendern der Fotografie und war überwältigt von einem Kosmos, dem eher ausnahmsweise das Attribut »Kunst« zugesprochen wird. Ein Fotograf sei »nichts«, hatte Max Horkheimer einst die junge Gisèle Freund wissen lassen. In diesem Klima der Ignoranz, des Fehlens von Strukturen und einer wie immer gearteten Orientierung entschied sich Stettner für die Fotografie – einen Beruf, der in den Augen vieler keiner ist. 13-jährig hatte er vom Vater eine erste Kamera bekommen. 14-jährig eine erste passable Aufnahme gemacht. Nun stürzte er sich ins Ungewisse – das immerhin mit Verve. Im New York der Zeit um 1940 lernte er Alfred Stieglitz kennen, traf er Paul Strand, begegnete er Edward Steichen, schloß er Freundschaft mit Lewis Hine. Das liest sich wie ein Besuch im Pantheon der Fotografie. Doch damit nicht genug. Stettner besuchte Kurse bei Sid Grossman, absolvierte einen Workshop bei Alexey Brodovitch, pflegte Umgang mit Lisette Model, deren Arbeiten er ebenso schätzte wie die von Weegee oder Diane Arbus. Letztlich waren es diese beiden Pole, die Stettner prägten und zwischen denen die eigene Kamerakunst vermittelt: Zum einen der linke Humanismus der von Grossman initiierten Photo League, zum anderen der am Formalen interessierte Ansatz eines Brodovitch.»Form cannot really exist without content«, bringt es Stettner auf den Punkt. Umgekehrt ist Inhalt ohne ein Ringen um die Form zumindest keine Kunst. In Stettners Werk gelangen beide Aspekte auf überzeugende Weise zur Deckung: Das tief empfundene Interesse am Menschen und ein wacher, bisweilen kühner, an der visuellen Überraschung interessierter, surrealistisch inspirierter Blick. Das gilt für sein in New York entstandenes Œuvre ebenso wie für seine Auseinandersetzung mit Paris. 1947 war Stettner, ausgerüstet mit einer »GI-Bill«, nach Paris gekommen. Fünf Jahre wird er bleiben. Fünf Jahre, in denen er Bekanntschaft machte mit einer noch immer von den Entbehrungen des Krieges und der Besatzung gezeichneten, zugleich in Sachen Kunst höchst lebendigen Metropole. Jetzt waren es Namen wie Doisneau, Boubat, Cartier-Bresson, die zu Freunden wurden und ihn in seinem Weg bestätigten. Brassaï nicht zu vergessen, der nicht nur einen wunderbaren, einfühlsamen Text zu Stettners erstem Buch bzw. Mappenwerk – »10 Photographs« (1949) – begesteuert hat. Er war auch Vorbild, Wegweiser, väterlicher Freund: »He was my master.« Nicht nur sei Paris eine große Inspiration gewesen, sagte Stettner, auch hätten ihm die Leute Gewissheit gegeben, »that I was doing something important.« Mode, Werbung, Journalismus: die Fotografie kann vieles sein, Auftrag und Selbstauftrag. Früh positionierte sich Stettner als unabhängiger Autor, als Street photographer, der sich wachen Auges den Offenbarungen des Alltags stellt. Paris wird, wie er sagt, sein Outdoor-Studio und »la vie quotidienne« zu seinem großen Thema. In Frankreich war dies die hohe Zeit einer so genannten »Photographie humaniste«. Auch bei Stettner steht der Mensch, der kleine Mann im Mittelpunkt. Aber seine Bilder sind weniger anekdotisch, weniger offensichtlich, weniger an Geschichten als an Atmosphäre interessiert. Stettner suchte nicht Antworten, sondern stellte Fragen. Seine Bilder irritieren, präsentieren sich nicht selten als Geheimnis: Mysterien in Schwarzweiß, gestützt durch eine Lust am Experiment, die sich in mutigen Anschnitten, Unschärfen, Spiegelungen, in Dynamik, in Bewegung äußert oder einer Leere, die an Atget erinnert. In Paris, im Rahmen des legendären »Salon des Indépendants«, hatte Stettner seine erste Ausstellung. In Paris lernte er junge Schweden wie Tore Johnson, Hans Hammerskiöld oder Rune Hassner kennen. Oder den Deutschen Otto Steinert, der Stettner für die wichtige, 1951 in Saarbrücken gezeigte Gruppenschau »subjektive fotografie« gewann. Als Vertreter dieser Richtung hatte er sich allerdings nie gefühlt. Ohnehin hasste er Etikettierungen. »Any good picture is subjective«, betonte Stettner in Anlehnung an Brassaï, lachte und fügte hinzu: »A good photograph is a miracle. And the miracle still happens.« New York und Paris waren der Nährboden für den für die Wunder des Lebens empfänglichen Louis Stettner. Seit 1990 lebte er wieder in Paris. Malte, zeichnete, modellierte in seinem Studio in Saint-Ouen. Oder fotografierte im Jardin du Luxembourg, wo er und seine betagte Rolleiflex selbst zum gefragten Objekt touristischer Kameras geworden waren: »Somehow they think I am the typical old Parisian.« Dazwischen reiste Stettner immer wieder in die USA, meanderte durch New York, um seinen großen Farbzyklus voranzutreiben: »Manhattan Pastorale«. Im vierundneunzigsten Lebensjahr konnte der Wahl-Pariser Louis Stettner auf ein reiches Œuvre blicken, getränkt von Neugier und Staunen und einem nimmermüden Interesse am Sozialen. Dem technologischen Wandel stand er skeptisch gegenüber: »Just because something is new doesn’t make it better.« Und in dem sich stürmisch entwickelnden Fotomarkt sah er wenig mehr als ein großes Entertainment. »Flaubert said, what he destested most in art is something that’s clever«, zitierte Stettner den großen Realisten, der neben Walt Whitman zu seinen »favorite poets«, seinen Lieblingsdichtern zählte. Stettners eigenes Werk ist alles andere als clever, vielmehr gut gesehen, tief empfunden, ehrlich und voller Überraschungen. »Art doesn’t work by pleasing other people«, definierte er selbst. »It’s by moving other people. Deeply.« Hans-Michael Koetzle lebt als freier Schriftsteller, Fotohistoriker und Kurator in München. Louis Stettner "Early Joys" Öffnungszeiten: Foto: Stettner, Louis (USA), Madison Avenue, New York, 1976
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Ort in focus GalerieHaupstraße 114 |
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