Kalender

klaus honnef unverschämte schoenheit.jpg 

"Unverschämte Schönheit" Fotografien aus der Sammlung Michael Horbach

Mittwoch, 3. August 2022
15:30-18:30 Uhr

Als iCal-Datei herunterladen

   

Sie wachsen fast allen Menschen, sobald die Phase der Kindheit vorüber ist. Und sie sind so natürlich, wie es Natur nur sein kann. Doch sie erfreuen sich eines zweifelhaften Rufs. Gemeint sind die Achselhaare. Für die meisten gehören sie zur selbstverständlichen Ausstattung ihres Körpers. Sie schenken ihnen keine besondere Aufmerksamkeit. Andere, vor allem jüngere, rücken den Achselhaaren dagegen mit dem Rasiermesser zu Leibe. Sie betrachten sie als Makel, der beseitigt werden muss. Schon die Elite im alten Rom vermied es peinlichst, sie öffentlich zu zeigen. Seit in den Siebziger- und Achtzigerjahren weitgehend textilfreies Sonnenbaden in der westlichen Welt Mode geworden ist, gelten Achselhaare als unfein und in manchen Augen sogar als schmuddelig. Kurzschlüsse auf den Charakter ihrer Träger liegen nahe. Sie beschädigen das perfekte Körperbild, das die einschlägigen Hochglanz-Magazine verbreiten. Den unsichtbaren, jedoch suggestiv zwingenden Imperativen der Mode, die sie Bild werden lassen, gehorchen mittlerweile nicht nur Frauen, sondern in wachsendem Maße auch Männer. Entgegen dem dringenden Rat von Medizinern schreiten sie vor jeder Urlaubssaison zur radikalen Prozedur der systematischen Körperenthaarung.

Einer, der in der Praxis des Epilierens eine weitgehenden De-Naturisierung des menschlichen Körpers erblickt, ist Michael Horbach; ein bedeutender Sammler fotografischer Bilder, selbst Fotograf und oft auch Kurator von gelobten Ausstellungen in seinen weitläufigen Räumen. Ein Teil seiner fotografischen Sammlung ist dem scheinbaren Randthema Achselhaare gewidmet, das sich gerade in der Verdichtung durch die Anzahl bemerkenswerter Bilder als weniger randständig denn auf den ersten Blick vermutet entpuppt. Vielmehr entfalten die Bilder der Sammlung dank ihrer Menge vielfältige Referenzen auf tiefergehende kulturelle, soziale und auch politische Zusammenhänge. Sie entwerfen in ihrer Beziehung auf- und zueinander zugleich ein eindrucksvolles und obendrein attraktives Gegenbild zu dem vorherrschenden Schönheitsideal der modernen Wohlstandsgesellschaft. Klaus Honnef, als Kurator der Ausstellung und Herausgeber eines umfangreichen Kataloges, hat dem ungewöhnlichen Thema den Titel „Unverschämte Schönheit“ gegeben.

Bilder von Fotografinnen und Fotografen mit berühmten Namen haben das Gegenbild der „Unverschämte(n) Schönheit“ ins Werk gesetzt. Samt und sonders stammen sie aus der Sammlung Horbachs und zeigen, dass das Epilieren, ein vergleichsweise neues Phänomen ist. Der Zeitraum der Ausstellung erstreckt sich auf die letzten hundert Jahre, und in den Bildern der Pioniere, die das Medium Fotografie in den Zwanzigerjahren zum künstlerischen Ausdrucksmittel gemacht haben, finden sie sich wie selbstverständlich. Zum Beispiel (in der chronologischen Reihenfolge) bei Germaine Krull, Man Ray, Heinz Hajek-Halke, Edward Weston und Tim Gidal ebenso wie in der Nachkriegszeit bei Federico Patellani, Mario de Biasi und Lucien Clerque, und „natürlich“ Helmut Newton, der den Sex in die Modefotografie eingebracht hat. Desgleichen noch bei Lee Friedlander, Olaf Martens, Birgit Kleber, Marlo Broekmans und Annette Frick. Bei den beiden zuletzt genannten Künstlerinnen verstehen sie sich gleichzeitig als Statement ihrer körperlichen Autonomie.

Die Bilder der bekannten und weniger bekannten Fotografinnen und Fotografen versammeln zahlreiche Gattungen des Fotografischen, vom Porträt bis zum Akt, von der journalistischen Fotografie bis zur modernen Kunstfotografie. Dabei feiert die Erotik der Körper gerade vor der Folie einer sterilen Magazin-Fotografie ein faszinierendes Comeback, als ur-menschliches und ur-natürliches Element.

Erwähnenswert ist ferner, dass in Sammlung und Ausstellung zahlreiche Künstlerinnen und Fotografinnen vertreten sind. Erheblich mehr als in üblichen fotografischen Ausstellungen. Namentlich ihren Arbeiten verdankt sich der dramatische Wandel in der fotografischen Einstellung, weg vom beobachtenden männlichen Blick aus der Distanz hin zu einer visuellen Teilhabe an der leiblichen Ausdruckskraft des Körpers durch erhöhte Intensität.

So wirken die „Bilder der Achselhaare“ in der korrespondierenden Zusammenschau wie ein wunderbares Spiegel-Mosaik der faszinierenden und wechselfreudigen Mannigfaltigkeit der fotografischen Kunst vor dem Hintergrund sozialer, kultureller, politischer, ökonomischer und wissenschaftlicher Umwälzungen in der Abenddämmerung der Moderne. Und weil es so unzeitgemäß erscheint, fällt es umso nachhaltiger aus.

Text: Klaus Honnef

Ausstellungsdauer: 10. Juli bis 19. August
Vernissage: 10. Juli von 11 bis 14 Uhr
Es spricht Prof. Klaus Honnef

Michael Horbach Stiftung
Wormser Straße 23
50677 Köln

Mi. und Fr. 15.30 – 18.30 Uhr, So. 11 – 14 Uhr, sowie nach Vereinbarung
Tel. +49 (0)221 2999 3378

Unter Beachtung der aktuellen Corona Vorschriften!

Cover zum Katalog der Ausstellung; 77 Fotografen/innen auf 175 Seiten
Foto: Ben Hopper
Quelle: http://www.michael-horbach-stiftung.de/

 





 

Anfahrt und Karte (klicke auf Symbol)

Veranstaltungsort:  Beschreibung Anfahrt Info mehr...
andere: Kunst und Kultur
mehr aus:
weitere von:

Teilen

 

 zum Kalender

 

You have no rights to post comments

Datenbank von lebeART

weitere Beiträge

Musik / Film

NEWS: MYRATH neues Album "Karma" VÖ auf


charmaMyrath haben gerade ihre zweite Single aus dem neuen Album „Karma“ von Myrath veröffentlicht - gemeinsam mit einem Musikvideo, das bisher unveröffentlichtes Material von ihrer außergewöhnlichen Live-Show enthält, die Anfang des Jahres in Kartha...


weiterlesen...

10.01.2024 ONKEL FISCH WDR 2 ZUGABE PUR


detailGroup 444825ONKeL fISCH blickt zurück / WDR 2 Zugabe Pur Jahresrückblicksshow - Der satirische Jahresrückblick mit dem (Wichtigsten) Witzigsten aus 2023

Im Radio blicken ONKeL fISCH für WDR 2 und SWR 3 alle sieben Tage in ihren hochgelobten Sendungen auf die W...


weiterlesen...

Filmvorführung & Diskussion „MINA – Der


Plakat Mina Der Preis der FreiheitIn Anwesenheit der iranischen Menschenrechtsaktivistin und Protagonistin Mina Ahadi

Am Mittwoch, 6. Dezember 2023, wird um 18:00 Uhr an der Alanus Hochschule in Alfter (Campus 2, Villestraße 3, Seminarraum 7) der Menschenrechtsfilm „MINA – Der Pr...


weiterlesen...

03.12.2023 - 02.06.2024 Oskar Holweck -


Foto  Michael Wittassek DetailWie kaum ein anderer Künstler hat Oskar Holweck (1924 St. Ingbert, Saarland – 2007 ebenda) die Kunst aus Papier vorangetrieben und ihr zu einem eigenen Profil und Ansehen verholfen. Generationen von Künstlerinnen und Künstlern sind darauf aufbauen...


weiterlesen...

JOE JACKSON veröffentlicht neues Album


max championGerade hat der gefeierte Musiker und Produzent Joe Jackson sein neuestes künstlerisches Werk "What A Racket!" über earMUSIC veröffentlicht. Das Album ist eine Wiederbelebung des längst vergessenen Künstlers Max Champion und entführt die Zuhö...


weiterlesen...

DEUTSCHER JAZZPREIS 2024 -


deutscher jazz presi• Deutscher Jazzpreis wird am 18. April 2024 von Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien, im Kölner E-Werk verliehen
• Auszeichnungen in 22 Kategorien, aus je 4 Nominierten wird je ein:e Preisträger:in gekürt
• Bewerbungsphase zum 30.11...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.