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Was für ein Leben – zwischen Fotografie und bildender Kunst, Plastik und Tafelmalerei, Frankreich und Amerika. Ein Leben zwischen Ländern und Kultu ren, Sprachen und Befindlichkeiten. Nicht dass sich Louis Stettner nicht hä tte entscheiden können. Aber er brauchte wohl dieses Oszillieren zwischen d en Kontinenten, den Städten und Disziplinen, um immer wieder neu den großen Fragen des Lebens nachstellen zu können. »Being a photographer«, hatte er einmal gesagt, »means perpetual discovery.« 1922 geboren, 2016 gestorben ha t Stettner praktisch das gesamte 20. Jahrhundert durchmessen. (...)
Letzt lich waren es zwei Pole, die Stettner prägten und zwischen denen die eigene Kamerakunst vermittelt: Zum einen der linke Humanismus der von Grossman in itiierten Photo League, zum anderen der am Formalen interessierte Ansatz ei nes Brodovitch. »Form cannot really exist without content«, brachte es Stet tner auf den Punkt. Umgekehrt ist Inhalt ohne ein Ringen um die Form zumind est keine Kunst. In Stettners Werk gelangen beide Aspekte auf überzeugende Weise zur Deckung: Das tief empfundene Interesse am Menschen und ein wacher , bisweilen kühner, an der visuellen Überraschung interessierter, surrealis tisch inspirierter Blick. Das gilt für sein in New York entstandenes OEuvre ebenso wie für seine Auseinandersetzung mit Paris. (...)
In Paris wa
ren es Namen wie Doisneau, Boubat, Cartier-Bresson, die zu Freunden werden
und ihn in seinem Weg bestätigten. Brassaï nicht zu vergessen, der nicht nu
r einen wunderbaren, einfühlsamen Text zu Stettners erstem Buch bzw. Mappen
werk – »10 Photographs« (1949) – beigesteuert hat. Er war auch Vorbild, Weg
weiser, väterlicher Freund: »He was my master.« Nicht nur sei Paris eine gr
oße Inspiration gewesen, sagte Stettner, auch hätten ihm die Leute Gewisshe
it gegeben, »that I was doing something important.« Mode, Werbung, Journali
smus: die Fotografie kann vieles sein, Auftrag und Selbstauftrag. Früh posi
tionierte sich Stettner als unabhängiger Autor, als Street photographer, de
r sich wachen Auges den Offenbarungen des Alltags stellte. Paris wurde, wie
er sagte, sein Outdoor-Studio und »la vie quotidienne« zu seinem großen Th
ema. In Frankreich war dies die hohe Zeit einer so genannten »Photographie
humaniste«. Auch bei Stettner steht der Mensch, der kleine Mann im Mittelpu
nkt. Aber seine Bilder sind weniger anekdotisch, weniger offensichtlich, we
niger an Geschichten als an Atmosphäre interessiert. Stettner suchte nicht
Antworten, sondern stellte Fragen. Seine Bilder irritieren, präsentieren si
ch nicht selten als Geheimnis: Mysterien in Schwarzweiß, gestützt durch ein
e Lust am Experiment, die sich in mutigen Anschnitten, Unschärfen, Spiegelu
ngen, in Dynamik, in Bewegung äußert oder einer Leere, die an
Atget er
innert. (...)
»Flaubert said, what he destested most in art is someth ing that’s clever«, zitierte Stettner den großen Realisten, der neben Walt Whitman zu seinen »favorite poets«, seinen Lieblingsdichtern zählte. Stettn ers eigenes Werk ist alles andere als clever, vielmehr gut gesehen, tief em pfunden, ehrlich und voller Überraschungen. »Art doesn’t work by pleasing o ther people«, definiert er selbst. »It’s by moving other people. Deeply.«Auszüge aus einem Text von Hans-Michael Koetzle. Er arbeitet als freier Schriftsteller, Fotohistoriker und Kurator.
Ausstellung vom 31. Okto
ber bis zum 19. Dezember 2020
Eröffnung am Samstag, den 31.10. von 19:
00 – 21:30 Uhr.
Öffnungszeiten: Mi. - Fr. 16 – 19 Uhr, Sa. 11 – 15 Uhr
u.n.V.
Während der Eröffnung bitten wir sie, die Abstands- und Maske npflicht einzuhalten. Wir achten darauf, dass sich nur eine begrenzte Besuc herzahl gleichzeitig in den Räumen befindet. Wir freuen uns auf Sie.
Abbildung Copyright: Louis Stettner, Courtesy: in focus Galerie, Köln
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