Big Data: Chancen und Risiken aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger. Studie der TH Köln

thilo schmuelgen th koelnWie stehen die Deutschen zu Big Data, künstlicher Intelligenz und digitaler Vernetzung? Sie fordern mehr Datenschutz und fühlen sich in ihrer Freiheit eingeschränkt – kümmern sich aber privat nur wenig um ihre Datensicherheit. Zugleich fürchten sie Big Data, die große Menge an Daten, die durch die Digitalisierung aller Lebensbereiche existieren und deren Verarbeitung – sind aber gerne bereit, die aus der Vernetzung resultierenden Vorteile in ihr Leben zu lassen. Dieses doppelte Paradoxon ist das Ergebnis einer Studie mit 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Prof. Horst Müller-Peters vom Institut für Versicherungswesen der TH Köln mit Unterstützung des Goslar Instituts, Studiengesellschaft für verbrauchergerechtes Versichern e.V.

Datenschutz ist für die Deutschen quer durch alle Altersschichten ein relevantes Thema. Nur fünf Prozent der in der Studie Befragten nehmen den Datenschutz persönlich nicht wichtig. Und nur rund 16 Prozent interessiert es nicht, was mit ihren Daten geschieht. Zudem fühlt sich die Mehrheit von großen Internetkonzernen abhängig (56 Prozent), kann auf viele Dienste nicht verzichten (41 Prozent) und bezweifelt, dass sich Konzerne an die Datenschutzbestimmungen halten (52 Prozent).

„Die Bedeutung des Datenschutzes und das Gefühl, in der Freiheit beschränkt zu sein, stehen im deutlichen Gegensatz zum Verhalten vieler Befragter. Denn die Mehrheit von ihnen verwendet in großem Umfang Geräte oder Anbieter, die über die gesammelten Daten umfangreichen Einblick in das Privatleben erhalten“, sagt Müller-Peters. So nutzt ein Großteil der Befragten diverse mit dem Internet verbundene Geräte wie Computer, Smartphones, Tablets und internetfähige Fernseher. Fitnessarmbänder, Homeboxes (wie Alexa) und Smartwatches erweitern die Vernetzung. Im Schnitt setzen die Befragten 3,6 der aufgeführten Geräte ein.

Ebenfalls weit verbreitet ist die Nutzung von Online-Diensten wie Google (93 Prozent der Befragten), WhatsApp (82 Prozent), YouTube (79 Prozent) und Facebook (55 Prozent).

Die große Mehrheit verfügt zudem über einen eigenen Account bei Amazon, Google und eBay. Ein Drittel der Befragten schätzt, bei über 20 Internet-Diensten persönliche Daten hinterlegt zu haben.

Datenschutz-pragmatische Nutzer dominieren

„Auch wenn die Dienste und Geräte umfassend verwendet werden, hat der Einzelne zahlreiche Handlungsoptionen zur eigenen Datensicherheit. Doch diese werden nur von einer Minderheit umfassend eingesetzt“, erläutert Müller-Peters. So können nur acht Prozent der Befragten als „aktive Datenschützer“ bezeichnet werden. 22 Prozent sind Datenschutz-Phlegmatiker und gebrauchen nur sehr wenige geeignete Maßnahmen.
„Der größte Teil der Bevölkerung nutzt die Schutzmaßnahmen, die nicht zu viel Aufwand bedeuten, verhält sich also pragmatisch oder wenn man es negativ formulieren will: leicht fahrlässig“, so Müller-Peters.
Einstellung zu Big Data

Die Deutschen sind eher pessimistisch im Hinblick auf die Folgen vernetzter Technologien. So glauben 80 Prozent der Befragten, dass der Schutz der Privatsphäre dadurch immer schwieriger wird und 78 Prozent, dass neue Gefahren – etwa durch Datenmissbrauch – drohen. In der Summe überwiegen für 42 Prozent der Befragten die Risiken, während nur 22 Prozent primär die Chancen sehen. „Je mehr Wissen die Interviewten über die betreffenden Technologien hatten, umso eher wurden Chancen in Big Data wahrgenommen. Dies gilt aber nicht für alle Bereiche. Zum Beispiel glaubten die Befragten bei zunehmendem Wissen immer weniger daran, dass die Verarbeitung großer Datenmengen die Welt durch Meinungsvielfalt demokratischer machen wird“, erläutert Müller-Peters.

Die eher negative Einstellung gegenüber Big Data ändert sich, wenn nach konkreten Anwendungsfeldern gefragt wird,

- die die Sicherheit erhöhen (53 Prozent Zustimmung zur Überwachung der Wohnung gegen Einbrecher, aber nur 15 Prozent Ablehnung),

- der Gesundheit dienen (62 Prozent Zustimmung und nur elf Prozent Ablehnung zur Überwachung von Herzschlag und Blutdruck zur Herzinfarkt-Prognose)

- lästige Arbeiten übernehmen (42 Prozent Zustimmung für eine automatische Regelung der Heizung gegenüber 26 Prozent Ablehnung)

- oder im Auto assistieren (72 Prozent Zustimmung versus sieben Prozent Ablehnung zur verkehrsabhängigen Navigation).

„Die grundlegende Skepsis gegenüber Big Data kippt, wenn konkrete, nutzenstiftende Anwendungen genannt werden. Viele davon erfordern eine weitgehende Überwachung des Einzelnen, was aber keinen Einfluss auf die Haltung zu haben scheint. Alleine der empfundene Nutzen, kaum aber die Sorge um die Privatsphäre, entscheiden über Befürwortung oder Ablehnung konkreter Einsatzfelder“, so Müller-Peters.

Studiendesign

Für die Studie wurden 1.000 Interviews mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Alter über 18 Jahren durchgeführt. Davon 500 in einer bevölkerungsrepräsentativen Zufallsstichprobe per Telefoninterview und 500 in einer bevölkerungsrepräsentativ quotierten Stichprobe per Online-Befragung. (Zur Beschreibung der Methode, zur Genauigkeit der Ergebnisse und zu Grenzen der Repräsentativität bei Befragungen allgemein siehe Seite 130 des untenstehenden Links.)

Die Studie ist Teil der Publikation „Big Data: Bürgerschreck oder Hoffnungsträger? Zum Nutzen und Schutz von Daten des souveränen Bürgers in seinen Lebenswelten“, herausgegeben von Prof. Dr. Susanne Knorre von der Hochschule Osnabrück, Prof. Dr. Fred Wagner von der Universität Leipzig und Prof. Horst Müller-Peters von der TH Köln. Sie ist entstanden mit Unterstützung des Goslar Instituts, Studiengesellschaft für verbrauchergerechtes Versichern e. V., eine Initiative der HUK-Coburg und wird in Kürze im Springer-Verlag publiziert.

Ein Auszug der Studie findet sich vorab unter: https://www.th-koeln.de/studie_bigdata

Die TH Köln bietet Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland ein inspirierendes Lern-, Arbeits- und Forschungsumfeld in den Sozial-, Kultur-, Gesellschafts-, Ingenieur- und Naturwissenschaften. Zurzeit sind mehr als 26.000 Studierende in über 90 Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben. Die TH Köln gestaltet Soziale Innovation – mit diesem Anspruch begegnen wir den Herausforderungen der Gesellschaft. Unser interdisziplinäres Denken und Handeln, unsere regionalen, nationalen und internationalen Aktivitäten machen uns in vielen Bereichen zur geschätzten Kooperationspartnerin und Wegbereiterin. Die TH Köln wurde 1971 als Fachhochschule Köln gegründet und zählt zu den innovativsten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften.

Quelle: www.th-koeln.de
Foto: Studienautor Prof. Horst Müller-Peters vom Institut für Versicherungswesen der TH Köln. © Thilo Schmülgen/TH Köln

 

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Nachrichten und Doku in Köln

Neue Eventreihe im Joode Lade: RheinPop


rhein pop plakatKöln, 15. April 2024 – „RheinPop - unplugged und frisch gezapft“: So heißt die neue Veranstaltungsreihe, die von Nico Mono ins Leben gerufen wurde. Zusammen mit seinen Gästen Sid Bader, Koff und Lorain wird der Singer/Songwriter am Donnerstag, 18....


weiterlesen...

Atemberaubender Saisonauftakt der NIGHT


Luc Ackermann NOTJ Munchen 2024 3N3A1383 webÜber 9.000 Besucher in der Olympiahalle München erlebten am Samstag ein Extremsportspektakel par excellence. Vor ausverkaufter Kulisse feierte die NIGHT of the JUMPs den gigantischen Auftakt in die Saison 2024. Mit dabei die beiden FMX Weltmeister...


weiterlesen...

Stadt Köln startet Umwelt-Pilotprojekt


stadt Koeln LogoInnovativer Stickoxid-Filter für saubere Luft in der Kölner Innenstadt geht in Betrieb

Die Stadt Köln, die Stiftung "Lebendige Stadt" und das Unternehmen Schüco haben heute ein gemeinsames Pilotprojekt zur Reinigung stickoxidbelasteter Luft in der...


weiterlesen...

Demokratie und Partizipation


777811 teaser publikation 800Neue Ausgabe des bpb:magazins der Bundeszentrale für politische Bildung // Interview mit Protestforscher Dieter Rucht // Fünf Praxisbeispiele von Politischen Bildnern und Einblicke in den Wahl-O-Mat zur Europawahl // Jetzt kostenlos bestellen unte...


weiterlesen...

03.05.- 30.06.24 Gruppenausstellung


Gruppenausstellung1Köln-Ehrenfeld. Unter dem Titel „Die Rückkehr der Lebendigkeit“ präsentieren die Künstler Claudia Cewille, Maryom und Christian Verspay mit NoëLLe, und Petra Mazet sowie Regina Nußbaum vom 3. Mai bis 30. Juni 2024 ihre Installation im Bürgerzentru...


weiterlesen...

Historische Sammlerstücke aus der Welt


Roncalli Ausstellungseröffnung 4.4.2024 in der Kassenhalle der Kreissparkasse Köln am Neumarkt Foto KSKAusstellung des Circus-Theaters Roncalli vom 4. bis 17. April  2024 in der Kassenhalle der Kreissparkasse Köln am Neumarkt 

Köln, den 4. April 2024 Das Circus-Theater Roncalli ist ein poetisches Schauspiel für Jung und Alt. Bereits seit den Anfang...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.