Greift die EU noch dieses Jahr bei Videospielen durch?

1200px Flag of Europe.svgNachdem es im Vorjahr einigen Ländern wie Belgien oder den Niederlanden endgültig zu bunt wurde mit den arg kundenfeindlichden Lootboxen in vielen modernen Videospielen, rufen Vertreter dieser nun auch in Brüssel dazu auf, diese Praktiken auf Unionsebene zu beschränken.

Den Anfang macht eine Kontroverse, die zumindest in den Zirkeln der Videospieler für großes Aufsehen sorgte. Im November 2017 wurde ein Spiel namens Star Wars Battlefront II veröffentlicht und schon davor stark kritisiert. Spielecharaktere und Power Ups – Fähigkeiten, die Figuren stärker machen können – wurde nicht durch Spielefortschritt zugänglich gemacht, sondern durch digitale Lootboxen.

Lootboxen als Hamsterrad

Dabei muss man zunächst verstehen, was es mit diesen Boxen auf sich hat. Hier versprechen nämlich die Hersteller, dass kosmetische Gegenstände die das Aussehen von Spielerfiguren verändern können, oder die oben besprochenen Power Ups zum Beispiel allesamt in diesen Boxen verborgen sind. Spieler können beliebig viele dieser Boxen erstehen und öffnen, die Inhalte der Boxen sind aber – bis auf wenige positive Ausnahmen – zufallsbestimmt. Hier wird die vermeintliche Fallgrube deutlich; kostbare, seltene Gegenstände werden auch mit einer entsprechend geringen Rate in den Lootboxen auftauchen, oft braucht es hunderte dieser Schachteln, bis man den gewünschten Gegenstand sein eigen nennen kann. Diese Investitionen wirken noch verstörender auf Außenstehende, wenn man bedenkt, dass für diese Spiele meist bereits ein für Videospiele gängiger Vollpreis gezahlt wurde – Feinde dieser Praktiken betonen, wie in diesen Fällen Inhalte eines Vollpreisprodukts hinter weiteren Kleinstzahlungen verborgen werden. Diese „Microtransactions“ sorgen schnell dafür, dass man vergisst welche Summen man bereits in Spiele investiert hat – daher auch der Aufruf aus den Niederlanden, solchen Praktiken den Kampf anzusagen. Bereits im April 2018 verlangten Gremien dort, dass Anbieter ihre Lootboxen in nur wenigen Wochen kundenfreundlicher designen. Natürlich halten diese Anbieter solche Änderungen so geheim wie möglich – fern dieser Entscheidungen gelten weiterhin die von den Anbietern bestimmten Regeln.

Zusatzangebote unter Feuer

Diese Ereignisse sind dabei nur die logische Konsequenz einer mehrjährigen Entwicklung, die mit der Idee begann, Spielemechaniken mit kleinen Zusatzpaketen erträglicher zu machen. Mit der Verbreitung von Smartphones wuchs auch die Anzahl an Gelegenheitsspielern. Mit ihnen schoß auch die Zahl der Softwarehersteller in die Höhe, die allerlei verschiedene Spiele für zwischendruch entwickelten. Dabei legten sie von Beginn an Wert auf Spielemechaniken, die das Abwarten auf bestimmte Zeitspannen notwendig machten. Zunächst noch plausibel, fanden dieselben Hersteller schnell Wege, um diese Wartezeiten gegen zusätzliche Entgelte zu verkürzen. Einige Jahre später versuchen Hersteller und Verlage von „traditionellen“ Videospielen nun mit Lootboxen und ähnlichen Mechaniken, ähnliche Konsummuster in ihren Spielen zu etablieren – und treffen im Moment noch auf rege publiziertem Widerstand. Vehemente Gegner dieser Implementierungen ziehen an dieser Stelle nur allzu gerne Parallelen zu Online Spielautomaten – diese Vergleiche werden allerdings von Spielern selbst oft korrigiert.
Zu betonen ist an dieser Stelle allerdings, dass diese Problematik nicht entstehen würde, wenn nicht ein geringer Prozentsatz der Spieler diese Zusatzangebote allzugern in Anspruch nehmen würden. Berufstätige Hobbyspieler, für die solche Boxen keine wesentliche finanzielle Belastung darstellen, senden mit ihrem Konsumverhalten eventuell die falschen Signale an Hersteller wie EA oder Activision – zwei Herausgeber die zur Zeit arg für ihr Vorgehen kritisiert werden - die ihre beliebten Franchises wie zum Beispiel FIFA emsig mit digitalen Sammelkarten versehen.

Regulierungen werden folgen

Nachdem sich die Auseinandersetzungen zwischen Herausgebern und Untersuchungsausschüssen nun schon seit mehr als einem Jahr hinziehen, werden nun auch in Ländern wie dem Vereinigten Königreich Anhörungen stattfinden. Hier müssen sich Herausgeber wohl qualifizierte wie auch unqualifizierte Fragen gefallen lassen, die ihre „angereicherten“ Spiele ins rechte Licht zu rücken versuchen, denn tatsächlich muten Mechaniken wie Lootboxen wie täglich empfohlenes Glücksspiel an. Anwälte des Herstellers EA sprachen zuletzt noch von „Surprise Mechanics“, die allesamt durchaus ethisch seien – eine Aussage, die natürlich online von unterschiedlichsten Foren durch den Kakao gezogen wird.

Tatsächlich haben diese Spiele mit dem traditionellen Glücksspiel recht wenig zu tun. In Online Casinos und Anbieter von Slotmaschinen müssen sich inzwischen an mehr Auflagen und Kennwerte halten, als es die Hersteller dieser Videospiele müssen. Bei solchen Mechaniken und Elementen dieselben Regulierungen anzuwenden, scheint daher der nächste logische Schritt. Abzuwarten bleibt natürlich, ob und in welchem Ausmaß sich der Lobbyismus der Videospielanbieter in den letzten Monaten ausgezahlt haben mag.

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