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Buddhistische Märchen - Weisheit der Krähen

Seite 6 von 10: Weisheit der Krähen

Die Weisheit der Krähen


Im Leben eines jeden Wesens kommt die Zeit, wo es erwachsen wird und in die Gemeinschaft der Großen aufgenommen wird. Krähen sind darin keine Ausnahme.
Eines Tages mussten sich drei junge Krähen einer Prüfung durch die alten Krähen unterziehen, die sehen wollten, ob die jungen reif genug waren, um fortan mit ihnen fliegen zu können. Das Oberhaupt der Krähen fragte die erste der drei jungen "Wovor glaubst du sollten sich Krähen in dieser Welt am meisten fürchten?"
Die junge Krähe dachte einen Moment nach und antwortete: "Das furchteregenste Ding ist ein Pfeil, denn er kann eine Krähe auf einen Streich töten." Als die Alten dies hörten, fanden sie, dass dies eine sehr kluge Antwort war. Sie schlugen mit ihren Flügeln und krächzten zufrieden. "Du sprichst die Wahrheit", sagte der Anführer. "Wir heißen dich in unserer Gemeinschaft willkommen." Dann fragte der Anführer die zweite junge Krähe:"Und was denktst du, sollten wir am meisten fürchten?" "Ich glaube, dass ein guter Bogenschütze noch gefährlicher ist, als ein Pfeil", sagte die junge Krähe, "denn nur der Schütze kann den Pfeil auf sein Ziel richten und abschießen. Ohne den Schützen ist der Pfeil nichts weiter als ein Stück Holz, genau wie der Zweig, auf dem ich gerade sitze." Die Krähen fanden, dass dies die klügste Antwort sei, die sie je gehört hatten. Die Eltern der zweiten jungen Krähe krächzten voller Stolz und strahlten ihr Kind überglücklich an. "Du sprichst mit großer Intelligenz. Wir sind erfreut dich in unserer Gemeinschaft aufnehmen zu können."
Dann fragte der Anführer die dritte junge Krähe: "Und was denkst du, was sollten wir am meisten in dieser Welt fürchten?"
"Keines von dem was bereits gesagt wurde", antwortete der junge Vogel. "Das, was am meisten gefürchtet werden sollte, ist ein ungeschickter Schütze."
Was für eine merkwürdige Antwort!
Die Krähen waren verwirrt und fühlten sich peinlich berührt. Die meisten dachten, dass diese junge Krähe noch nicht klug genug wäre, um die Frage richtig verstehen zu können. Schließlich fragte der Anführer: "Was meinst du damit?" "Mein zweiter Gefährter hatte Recht. Ohne einen Schützen, muss man sich vor einem Pfeil nicht fürchten. Doch der Pfeil eines geschickten Schützen wird dorthin fliegen, wo er hinfliegen soll. Wenn man also das Schnarren der Sehne hört, muss man nur nach links oder rechts fliegen, um dem Pfeil auszuweichen. Doch man weiß nie, wohin der Pfeil eines ungeschickten Schützen fliegt. Und wenn man wegfliegt, kann es genauso gut sein, dass man dem Pfeil in die Quere kommt. Man weiß einfach nicht, ob man sitzen bleiben oder wegfliegen sollte."
Als die anderen Krähen dies hörten, wussten sie, dass diese junge Krähe wirkliche Weisheit besaß, die hinter die Dinge zu schauen vermochte. Sie sprachen von ihr mit Bewunderung und Respekt. Und nicht lange danach baten sie sie, Anführer ihrer Gruppe zu werden.

Gleichnis vom vergifteten Pfeil
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