Fachportal Freiwilligenarbeit richtet Round Table mit Experten ein: Standards für Nachhaltigkeit und Distanz zum fragwürdigen Voluntourismus schaffen

freiwilligenarbeit erfahrungsbericht solveig tansaniaBestimmte Projekte in der Freiwilligenarbeit im Ausland werden von Organisationen und Medien kritisch betrachtet. Tatsächlich gibt es Volunteering-Angebote von fragwürdiger Qualität und Berichte über gravierende Missstände. Um Standards für Nachhaltigkeit und Qualität zu schaffen, hat das Fachportal Freiwilligenarbeit.de mit drei Anbietern von Freiwilligenarbeit einen Round Table initiiert. Die Interviews wurden jetzt auf www.freiwilligenarbeit.de/roundtable.html veröffentlicht. Zum Auftakt der Initiative nahmen die drei deutschsprachigen Freiwilligenorganisationen Rainbow Garden Village, Natucate und World Unite teil. Der Kreis soll nach und nach erweitert werden. Diese Anbieter fokussieren sich darauf, nur sinnvolle Freiwilligenprojekte zu ermöglichen, von der die Bevölkerung im Ausland und die Volunteers gleichermaßen Vorteile haben.

Initiiert wurde der Round Table vom Fachportal Freiwilligenarbeit.de in Rheda-Wiedenbrück. Das Portal ist eine Informationsplattform zum ehrenamtlichen Engagement im Ausland und ein Projekt der INITIATIVE auslandszeit. Gleichzeitig reichten die Teilnehmer des Round Tables verschiedene Case Studies über Projekte ein, die einen nachhaltigen Nutzen erbringen. Diese Fallstudien schildern, welche Ergebnisse einzelne Projekte im Ausland erzielen und beschreiben Ziele, Sinn und Nutzen. Sie beschreiben auch, welchen Herausforderungen sich Organisationen noch stellen müssen. „Wir möchten in Zukunft noch mehr Projekte von weiteren Anbietern evaluieren und die Reihe der Case Studies kontinuierlich ausbauen“, sagt Christian Wack, Head of Volunteering bei der INITIATIVE auslandszeit, „und damit Entscheidungshilfen für angehende Volunteers bieten“. www.freiwilligenarbeit.de/case-studies.html

Was zeichnet sinnvolle Freiwilligenarbeit aus?

Der Round Table war sich einig: Freiwilligenarbeit im Ausland diene vor allem dem kulturellen Austausch, bei dem die einheimische Bevölkerung und die Volunteers gegenseitig voneinander lernen und profitieren. Gute Freiwilligenprojekte zeichne aus, dass sie Schritt für Schritt zu einer nachhaltigen Verbesserung der Situation vor Ort beitragen und „damit einen kleinen Beitrag zur Unterstützung der Menschen vor Ort leisten“, erklärt Steffen Mayer von Rainbow Garden Village. Das seien zum einen die Begünstigten eines gemeinnützigen Projekts, aber gleichermaßen die örtliche NGO und die teilnehmenden Freiwilligen, die eine neue Kultur kennenlernen und sich persönlich weiterentwickeln. Die verschiedenen Interessengruppen gleichwertig einzubeziehen, „ist eine schwierige und große Aufgabe, der sich ein ethisch verantwortungsvoller Anbieter von Freiwilligenarbeit stellen muss“, gibt Chris Engler von World Unite zu.
Kritik an Kurzzeiteinsätzen in der Dritten Welt: Volunteering ist keine Entwicklungsarbeit
„Durch einen einzigen und nur wenige Wochen umfassenden Projekteinsatz kann niemand die Welt retten“, sagt Daniel Kaul von Natucate. Von dieser Vorstellung sollten sich alle freiwilligen Helfer lösen. Besonders im sozialen Bereich, wo enge persönliche Bindungen entstehen, bewertet Steffen Mayer von Rainbow Garden Village Kurzzeiteinsätze von weniger als vier Wochen als nicht sinnvoll. „Dagegen lassen ausgewählte Projekte wie beispielsweise ein Hilfseinsatz bei der Ernte oder eine Datenerhebung im Naturschutz auch kürzeres Volunteering zu“, erklärt Mayer.

Warnung vor kritischen Freiwilligen-Projekten: Worauf muss man achten?

Eine pauschale Aussage über die Güte eines Hilfsprojekts ist in der Regel sehr schwierig. Es bedarf eines großen Fachwissens – erworben auch durch lokale Mitarbeiter vor Ort – um sinnvolle von weniger sinnvollen Freiwilligenarbeit-Angeboten zu unterscheiden. „Es gibt viele Projekte, die ganz großartige Arbeit leisten und andere, die einen nur traurig den Kopf schütteln lassen“, sagt Steffen Mayer. Mit Vorsicht solle man ein freiwilliges Engagement ansehen beispielsweise in Waisenhäusern, in der Tieraufzucht oder bei nicht artgerechter Tierhaltung wie Reiten auf Elefanten. Leider habe die Vergangenheit gezeigt, dass es in solchen Projekten oft nicht in erster Linie um eine Verbesserung vor Ort gehe, sondern um den Profit. „Projekte, die schutzbedürftige Menschen oder Tiere zur Gewinnerzielung – oft unter falschen Vorgaben – missbrauchen, sind abzulehnen“, sagt Chris Engler.

„Freiwilligenprojekte müssen bestimmte Grundsätze erfüllen“, sagte Daniel Kaul: „Sie müssen sich durch Sinnhaftigkeit auszeichnen, dürfen nicht rechtswidrig sein und müssen die Sicherheit aller Beteiligten gewährleisten“. Leider entpuppten sich in der Tat viele scheinbar gutherzige Freiwilligenprojekte als das Gegenteil.

Daher fordert der Round-Table-Freiwilligenarbeit: Projekte wie „Löwenbabyaufzucht“ dürften nicht unterstützt werden. Die Realität sei erschütternd: Denn meistens dienten solche Projekte letztendlich dazu, ausreichend Nachschub für die umstrittene Gatterjagd bereitzustellen, bei der Wildtiere innerhalb eines Geheges bejagt werden. Ein typischer Ablauf: Nach wenigen Tagen werden die Jungtiere von der gesunden Löwenmutter getrennt. Die Löwenjungen werden zum Spielzeug unwissender Freiwilliger und Touristen und mit der Flasche aufgezogen. Die Helfer würden im Glauben gelassen, die Jungtiere seien verwaist, während die Löwenmutter, sobald sie nicht mehr gebärfähig ist, eingeschläfert oder zur Jagd freigegeben wird. Werden die Löwenbabys zu groß, um als Kuscheltier zu funktionieren, missbrauche man die Wildtiere für Spaziergänge mit Touristen, oftmals unter Sedierung, damit sie den Menschen nicht gefährden. Ausgewachsene Tiere würden später oftmals in Arealen ausgesetzt und für zahlungskräftige Freizeitjäger zum Abschuss freigegeben. „Das ist keine Arterhaltung, sondern skrupellose Gier nach Profit“, bestätigt Natucate. „Solche Angebote erfüllen nicht die Globalen Tierschutz-Leitlinien für die Tourismusbranche (ABTA) oder beispielsweise den Verhaltenskodex der Tierschutzkampagne CACH. Letztere prüft Anbieter von Freiwilligenarbeit und stuft sie als ethisch korrekt ein, die keine unnötige Interaktion mit Wildtieren erlauben“, ergänzt Christian Wack.

Die Experten raten, dass man Abstand von Projekten nehmen soll, bei denen Freiwillige für die Betreuung von Kindern in Waisenhäusern eingesetzt werden. Die Faktenlage sei sehr undurchsichtig. Oft lasse sich trotz umfangreicher Recherchen nicht erkennen, ob es sich bei einer Einrichtung um ein seriöses Kinderheim oder eine korrupte Institution handele, die Kinder zur Bereicherung von ihren Eltern trennt.

Richtmaße für gute Freiwilligenarbeit

Ein empfehlenswerter Anbieter für Freiwilligenarbeit muss klare Richtlinien und Prozesse haben. Der Sinn der Projekte müsse klar definiert und ohne Sozialromantik kommuniziert werden, fordern die Teilnehmer des Round Tables.

Die Projektbeschreibungen über den jeweiligen Einsatz sollten sachlich und beschreibender Art sein, damit nicht falsche Erwartungen geweckt werden. Ferner müsse sichergestellt sein, dass die Freiwilligen Teil des Projektes sind und nicht nur zahlende Gäste. Die Erfahrungen der Experten zeigen, dass Freiwilligenprojekte am besten durch ein eigenes, qualifiziertes Team vor Ort funktionieren, das eng mit den verschiedenen lokalen Partnern zusammenarbeitet

Volunteers müssen kritisch Angebote der Freiwilligenarbeit prüfen – Experten halten Gütesiegel für sinnvoll

Die Verantwortlichen der INITIATIVE auslandszeit, des Fachportals Freiwilligenarbeit.de und die Experten des Round Tables wollen angehende Volunteers zu einem kritischeren Umgang mit Freiwilligenarbeit-Angeboten ermuntern. Gleichzeitig möchten sie den Weg zu verantwortlich arbeitenden Organisationen und damit in sinnvolle Projekte ebnen. „Wenn die Nachfrage kritischer wird und die künftigen Volunteers Kriterien für eine qualitative Unterscheidung der Angebote haben, übt dies indirekt Druck auf die Anbieter aus, bei denen möglicherweise bisher einige Dinge vernachlässigt wurden“ sagt Christian Wack von Freiwilligenarbeit.de. Einen weiteren „Hebel“ sieht er in der Schaffung eines Interessenverbandes: „Die Mitglieder könnten kurz- bis mittelfristig anhand eines selbstverpflichtenden Kriterienkatalogs arbeiten und sich später die Qualitätskriterien von einer unabhängigen Instanz zertifizieren lassen. Ich sehe da durchaus auch eine Art Gütesiegel für Voluntourismus-Angebote als sinnvoll an“, erklärt Wack. So könne die Qualität der Angebote verbessert werden. „Dieses Ziel verfolgen wir und führen dazu schon seit Längerem intensive Gespräche mit Anbietern und externen Beratern.“ Denn man wolle Lösungen für alle kritischen Bereiche der Freiwilligenarbeit schaffen.

Kontakt: Christian Wack, Freiwilligenarbeit.de, Berliner Str. 36, 33378 Rheda-Wiedenbrück, Tel. 05242/405434-1, E-Mail: info@freiwilligenarbeit.de, https://www.freiwilligenarbeit.de

Über die Informationsportale:
Die INITIATIVE auslandszeit zählt zu den größten unabhängigen Informationsportal-Netz-werken zum Thema Auslandsaufenthalt im deutschsprachigen Internet. Sie wurde 2008 in Rheda-Wiedenbrück (Westfalen) gegründet und verfolgt die Entwicklungen rund um die Themen Ausland, Bildung, Fremdsprachen, Reisen und Tourismus. Insgesamt sind unter dem Dach der Initiative verschiedene Online‐Fachportale vereint, die monatlich von über 500.000 Besuchern genutzt werden. Das Fachportal Freiwilligenarbeit.de ist eine große, unabhängige Informations- und Vergleichsplattform zum Engagement im Ausland, aber keine Freiwilligenorganisation. Das Team stellt Informationen rund um einen Auslandsaufenthalt als Volunteer. Es bietet entsprechende Vorbereitungsmöglichkeiten und stellt passende und sinnvolle Projekte vor.

Quelle: https://www.polgar-stuewe.de

Foto: Bei einem Hilfsprojekt für Frauen in Tansania ©Rainbow Garden Village

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