Geschrieben am . Veröffentlicht in Nachrichten und Doku in Köln.

25.06.2017 "Mitten unter uns" Das Gürzenich-Orchester Köln im StaatenHaus

GO1Das Gürzenich-Orchester Köln spielt am 25. Juni 2017 im StaatenHaus das Projekt Fluchtwege gemeinsam mit dem iranischen Sänger und Poeten Shahin Najafi, Darstellern des Schauspiel Köln und dem Jugendsinfonieorchester der Rheinischen Musikschule.

Das szenische Konzert Fluchtwege verknüpft musikalische und literarische Spuren, die Fluchterfahrungen bei den unterschiedlichsten Künstlern hinterlassen haben, heute und in der Vergangenheit – Musik des Ungarn György Ligeti, der 1956 vor den Repressalien des kommunistischen Regimes nach Wien floh und schließlich zeitweise in Köln eine künstlerische Heimat fand, Musik von Kurt Weill und Arnold Schönberg, die auf der Flucht vor den Nazis in Hollywood landeten; Texte und Gedichte u. a. von Bertolt Brecht, der ebenfalls vor dem Nationalsozialismus in die USA floh. In den Mittelpunkt rückt die Geschichte von Sänger und Instrumentalist Shahin Najafi, der seit 2005 in Köln lebt. Najafi wird mit eigenen Liedern auftreten, darunter auch ein Arrangement für Orchester, das hier erstmals gespielt wird. Najafi, geboren 1980 in Bandar-e Anazli im Iran, begann als Teenager Gitarre zu spielen und zu dichten und trat bald im Untergrund auf. Seine unverblümten und kontroversen Texte über die Gesellschaft des Iran, die sich Themen wie Armut, Unterdrückung der Frau, Homophobie oder religiösen Dogmen widmen, trugen ihm bald die Verfolgung durch die iranischen Behörden ein. 2004 verließ er unter dem Druck der Verfolgung den Iran und kam nach Deutschland. Hier setze er seine musikalische Arbeit fort und erweiterte seine Spektrum um Rap, Rock, Jazz, Blues und andere Einflüsse. Für viele Iraner im Land selbst und weltweit ist er mittlerweile ein Sprachrohr ihrer Generation. 2012 veröffentlichte Najafi und zusammen mit Majid Kazemi „Naghi“. Das Lied verbreitete sich in kürzester Zeit über die sozialen Medien und wurde bis heute über 1,6 Millionen Mal abgerufen. Der Großajatollah Lotfollah Safi Golpayegani verurteilte das Lied als blasphemisch und erließ eine Todes-Fatwa gegen Najafi, die bis heute nicht wiederrufen wurde.

Sahin Najafi wird im Konzert eigene Lieder spielen, u. a. von seinem neusten Album „Radikal“ (2017), mit dem er aktuell durch Europa tourt. Sein Song „Hazrate Naan“ wurde von Markus Koropp, einem Kompositionsschüler der Rheinischen Musikschule eigens für Orchester arrangiert. Eingerahmt wird Najafis Musik von Auszügen aus seinem Buch „Wenn Gott schläft“ (2013), das ungeschönt und unmittelbar von seinen Erfahrungen bei der Vertreibung aus der Heimat und seiner Ankunft in Deutschland berichtet. Es wurde kürzlich verfilmt („When God Sleeps“, Regie Till Schauder, 2017) und bereits vor Veröffentlichung mit dem „Cinema for Peace Award“ ausgezeichnet.

Das szenische Konzert findet im Bühnenbild der aktuellen Opernproduktion Fidelio im Staatenhaus statt und wird von Lauren Schubbe szenisch eingerichtet. Melanie Kretschmann, Nicola Gründe und Guido Lambrecht, Mitglieder des Schauspiel Köln, sind als Sprecher mit dabei. Raus aus der Philharmonie und unter die Menschen der Stadt – das hat sich das Gürzenich- Orchester mit dem Amtsantritt von Gürzenich-Kapellmeister François-Xavier Roth auf die Fahnen geschrieben. Es sieht seinen Auftrag darin, das Orchester aller Bürger der Stadt zu sein und sich auch künstlerisch in vielerlei Hinsicht zu öffnen. Aus dieser Perspektive heraus wurde in der vergangenen Spielzeit auch erstmals das langjährige und erfolgreiche Kooperationskonzert mit dem Jugendsinfonieorchester der Rheinischen Musikschule erweitert: Schüler der LVR-Johann-Joseph- Gronewald-Schule für hörgeschädigte Kinder und Jugendliche erarbeiteten eine Choreographie zu
der Suite „Die Planeten“ von Gustav Holst. Die beiden Orchester spielten dazu unter der Leitung
von François-Xavier Roth.

Sonntag, 25. Juni.2017, um 11:00 Uhr
StaatenHaus, Saal 1, Rheinparkweg 1, 50679 Köln

György Ligeti Lontano für großes Orchester (1967)
Kurt Weill Largo aus der 2. Symphonie (1934)
Arnold Schönberg Farben aus: Fünf Orchesterstücke op. 16 (1909)
Igor Strawinsky 1. Satz aus der Sinfonie in drei Sätzen (1946)
Lieder von Shahin Najafi
Shahin Najafi Gesang und Gitarre
Melanie Kretschmann, Nicola Gründe und Guido Lambrecht Sprecher
Jugendsinfonieorchester der Rheinischen Musikschule (Einstudierung: Alvaro Palmen)
Gürzenich-Orchester Köln
François-Xavier Roth Dirigent

Szenische Einrichtung Lauren Schubbe
Dramaturgie Catharina Starken und Patrick Hahn

Karten: Gürzenich-Orchester Hotline (0221) 280 282

Quelle: http://www.guerzenich-orchester.de/
Foto © Matthias Baus