Mülheim 2020 - BANKROTT DER STADTPLANUNG

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Erster Workshop zur Industriebrache Mülheim Nord unter Bernd Streitberger

Der alte Güterbahnhof Mülheim Nord ist Aktionsraum des Mülheimprogramms. Die Bürger erwarten, dass als städtebauliches Musterprojekt des Integrierten Handlungskonzeptes ein neues Stadtviertel für die Mülheimer entsteht, indem lokale Ökonomie und Bildungsprojekte beispielhaft umgesetzt werden.

Jetzt, wo wir einen neuen Oberbürgermeister haben, hat sich auch der für Stadtplanung zuständige Dezernent, Bernd Streitberger, zum ersten Mal dazu bequemt, Bürger, Eigentümer und städtische Behörden an einen Tisch zu holen, nachdem die  Mülheimer Initiativen jahrelang die städtebauliche Entwicklung und Planung der Industriebrache Alter Güterbahnhof auf eigene Kosten betrieben hatten. Dezernent Streitberger, der nichts davon hält, Bebauungspläne aufzustellen, die nicht dem Wunsch des Eigentümers entsprechen, nutzte den gestrigen Workshop-Termin dazu, um stolz zu verkünden, dass die Verwaltung sich in monatelanger Arbeit mit dem Eigentümer aurelis geeinigt habe, und morgen im Stadtentwicklungsausschuss einen entsprechenden B-Plan aufstellen lassen wird. Die Anregungen der Mülheimer Initiativen, die Hinterzimmer der Verwaltung zu öffnen und die Mülheimer an den Gesprächen mit dem Eigentümer zu beteiligen, wies Bernd Streitberger konsequent zurück. Bürgerbeteiligung in dieser Phase der Planung grenzt für ihn an Sozialismus.

Wir sind gespannt, ob der StEA, so wie es Bernd Streitberger plant, heute die mit dem Eigentümer ausgekungelten Pläne einfach durchwinken wird. Dieser Aufstellungsbeschluss zerstört nämlich alle Ansätze, die in den letzten Jahren von internationalen Kongressen in Mülheim erarbeitet worden sind und hebelt die Beschlüsse der Mehrheits-Parteien aus, die ein durchlässiges Viertel für die Mülheimer mit Wohnen und Arbeiten und Verbindung zum Rhein fordern und erklärt das Programm Mülheim 2020, in dem diese Ziele festgeschrieben sind, bereits vor Beginn seiner Umsetzung für Makulatur.

Obwohl die Ämter für Stadtplanung und Stadtentwicklung mit ihren hochqualifizierten Spezialisten seit über 10 Jahren unausgesetzt planen, sind sie bis heute nicht  in der Lage, einen Plan für das gesamte Gelände vorzulegen, weil sie sich untereinander  nicht einigen können, wo, in welchem Abstand und wieviele Wohnungen und Gewerbebetriebe gebaut werden dürfen. Deshalb legen sie jetzt einen Teilplan für die nördliche Hälfte vor, wo nur Gewerbe angesiedelt sein soll. Die Forderung des StEA, Wohnen und Arbeiten nach modernen Gesichtspunkten zu verbinden, wie es in allen europäischen Großstädten längst Gang und Gäbe ist, überfordert offensichtlich die kölsche Planertruppe um ihren Chef Bernd Streitberger.

Auf dem gestrigen Workshop zeigten sich auch tiefe Gräben zwischen dem Dezernat Streitberger und dem Wirtschaftsdezernat unter Walter Borjahns. Der Stahlhandel Drösser will sich mit Unterstützung des Wirtschaftsdezernates im Norden des Geländes ausdehnen, was dem Eigentümer wegen der Minderung der Grundstückswerte auf der Industriebrache anscheinend nicht gefällt. Dementsprechend treibt die Stadtplanung den Stahlhandel und das Wirtschaftsdezernat in einen massiven Konflikt mit den Mülheimer Bürgern. Diese Ausweitung des Stahlhandels ist  zwangsläufig mit einem vermehrten Aufkommen an schweren LKWs verbunden. Dem Eigentümer Aurelis, der auf dem Workshop durch Herrn Coers vertreten war, sind nämlich die notwendigen Erschließungsstraßen, die diesen LKW-Verkehr auffangen und durch eine von Anfang an geplante östliche Anbindung aus Mülheim heraushalten können, zu teuer, wie Coers mit dankenswerter Offenheit auf dem Workshop bekannte. Die Stadtplanung, die ja keine B-Pläne gegen den Eigentümer entwirft, hat dementsprechend die notwendige östliche Erschließungsstraße gestrichen. Folge ist, dass sich der geplante LKW-Verkehr durch die Mülheimer Wohngebiete und quer durch  das geplante neue Viertel quälen soll.

Ganz klar, dass dies die Mülheimer, die nichts gegen den Stahlhandel haben, wegen des Verkehrslärmes auf die Barrikaden treiben wird. Leidtragende werden der Stahlhandel und die Wirtschaftsförderung sein, denn die Auseinandersetzung mit einem solchen B-Plan wird sicherlich auch gerichtlich geführt werden. Leidtragende wird  auch die Entwicklung der Industriebrache sein, die wegen dieses Konfliktes nicht vorangehen wird. Und dies alles, weil für Streitberger die Forderung, das Allgemeinwohl im Wege der Stadtplanung auch gegen einen Eigentümer zu vertreten, eine Form des Sozialismus ist. Leidtragender ist aber recht besehen und am Ende auch der Eigentümer aurelis, weil die eingesparten Erschließungskosten nur zu dem Preis zu haben sind, dass der Wert der anderen Grundstücksteile durch den Schwerlastverkehr deutlich gemindert wird. Die ehemalige Bahntochter aurelis hat die Mehdorn-Philosophie der
Bahn- kurzfristig sparen, bis die langfristigen Folgen unbezahlbar
werden- immer noch verinnerlicht. Zu wünschen wäre, dass die neuen Eigentümer von aurelis den alten Trott brechen und klarmachen, dass unternehmerischer Erfolg auch von der Fähigkeit zur langfristigen Strategie abhängt.

Dass Stadtplanung schon von den gesetzlichen Vorgaben her sich nicht nach den Eigentümerinteressen richtet, sondern nach dem Allgemeinwohl, hätte Bernd Streitberger bei seinem Dienstantritt durchaus bekannt sein können. Ein Dezernent, der nicht bereit ist, dieses Allgemeinwohl auch in der städtebaulichen Planung zu vertreten, macht sich überflüssig. Zwei Jahre sind seit der Veröffentlichung des Mülheimprogramm tatenlos verstrichen. Bereits 2014 soll es abgerechnet werden. Gestern ist klar geworden, dass Streitberger für die Aufgabe, Häuser auf das Gelände Schanzenstraße zu zeichnen, mindestens 2 weitere Jahre veranschlagt. Bis dahin soll das Mülheim 2020 vorbeigerauscht sein, damit es im alten Trott weitergehen kann. Das Angebot der Bürger den Planungsprozess durch eine Arbeitsgruppe zu beschleunigen, lehnte Streitberger ab.

Köln ist zu arm, um sich diese Form des Luxus leisten zu können und das Mülheimprogramm zu teuer, um es einer Stadtplanung zu opfern, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat.

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V.i.S.d.P. Rainer Kippe, Düsseldorferstr. 74, 51063 Köln, den 18.03.2010 http://muelheimplant.wiwateg.org

Artikel in PDF: Bankrott der Stadtplanung

 

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