Werner Ruhoff: 10 Jahre Krieg – Protest gegen Petersberg II
Die Protestaktionen gegen die zweite Petersbergkonferenz in Bonn waren eine wichtige Belebung der Friedensbewegung. Die Irreführung durch die Regierungen und die konformen Medien über die Ereignisse und Absichten in Afghanistan nicht allein im öffentlichen Raum stehen zu lassen, ist ein Stück weit gelungen.
Am 3. Dezember begann der Auftakt der Proteste mit einer Demo, die zwar eher mit einer bescheidenen Anzahl von Demonstrant_innen von der Bonner Innenstadt aus in die Randbezirke führte, in der sich aber der unbeugsame Wille der Friedensbewegten für die sofortige Beendigung des Afghanistankrieges mit bunten Transparenten, Sambarhythmen, Gesprächen, guter Laune und kleinen Clownerien kundtat. „No to NATO“ und „Raus aus Afghanistan waren häufige Losungen.“ Dass Christian Ströbele am Ende von Beteiligten ausgebuht und beworfen wurde, stieß bei den meisten Demonstrant_innen sicherlich auf ein großes Missbehagen, zu dem sich glücklicherweise sonst keine Anlässe boten.
Über 300 Aktivist_innen aus 17 Ländern diskutierten am folgenden Sonntag im Bonner Landesmuseum über Bedingungen und Perspektiven für einen sofortigen Waffenstillstand in dem von einem dreißig Jahre währenden Kriegszustand geschundenen Land. Ein in Deutschland lebender Afghane, der auf dem Eingangspodium während seines Statements plötzlich verstummte und vor sich hinweinte, entschuldigte sich dafür mit der Feststellung, dass sein ganzes Volk krank sei. Der englische Labourabgordnete Jeremy Corbyn wertete die Bonner Afghanistankonferenz der Herrschenden als Ausdruck eines modernen Kolonialismus.
Malalai Joya, afghanische Kämpferin für Demokratie und Frauenrechte in ihrem Land, beeindruckte durch ihren Mut. Ausgeschlossen aus dem afghanischen Parlament und Zielscheibe des Hasses in einer zutiefst patriarchalischen Gesellschaft, vertrat sie hartnäckig den Standpunkt, dass die Bomben der westlichen Staaten den Frauen keine Rechte bringen, sondern die demokratischen Kräfte in ihrem Land mehr bedrohten. Der Westen arbeite mit den Warlords zusammen und habe nur ein Interesse an seinen eigenen Interessen. Ein auf die Bühnenwand projiziertes Foto zeigte Teilnehemer_innen einer Demonstration in Kabul. Auf einem Schild, das in der Menge mitgeführt wurde, stand auf Englisch eine Danksagung an die Jugend Irans, Ägyptens, Tunesiens für ihren Kampf um demokratische Rechte.
In vielen Beiträgen wurde durch Fakten und die Darstellung rohstoffstrategischer Zusammenhänge verdeutlicht, dass die Militarisierung der Politik zur Durchsetzung ungestörter Ressourcenzugänge in vollem Gange ist. Von Spiegel-Online dokumentierte Zitate aus dem Auswärtigen Amt erklären die deutschen Interessen in der Nahostregion ohne jeglichen Bezug zu Menschenrechten als vorrangig stabilitätsorientiert mit der Unterstützung reaktionärer Regimes, so lange diese die nötige Stabilität gewährleisten können.
Wichtig war, noch einmal deutlich zu machen, wie sehr die Menschen belogen werden, wenn Regierungen und NATO vom Truppenabzug 2014 und einer fortdauernden Unterstützung bis 2024 reden und die Mainstreammedien unkritisch darüber berichten. Insbesondere US-amerikanische Bemühungen liefen darauf hinaus, die Kontrolle und Beherrschung der gesamten Region durch die andauernde Einrichtung von Militärstützpunkten in Afghanistan in den Griff zu bekommen. Tobias Pflüger deutete auf die ernstzunehmende Wahrscheinlichkeit eines militärischen Angriffs auf den Iran nach den neusten Berichten der Internationalen Atomenergiebehörde, die aber keine neuen konkreten Tatsachen enthielten, sondern der Stimmungsmache dienten.
Im März 2012 würden G8 und NATO in Chicago gemeinsam tagen, so der US-amerikanische Friedensaktivist Joseph Gerson. Er forderte die Friedens-teilnehmer_innen dazu auf, sich in Chicago an den Protesten zu beteiligen. Für die meisten von uns nahe liegender ist da der geplante Protest gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz am 4. Februar in München. Auch zur Teilnahme an diesem Protest wurde appelliert.
www.sicherheitskonferenz.de
Der Abschluss der Proteste gegen Petersberg II endete am Montag in einer kleinen, aber von zahlreichen bewaffneten Polizist_innen umringten Demo zum Rheinschiff Beethoven, wo noch einmal die Gelegenheit bestand, mit Malalai Joya und Joseph Gerson über die Situation in ihren Ländern zu diskutieren. Drei Frauen der Linksfraktion im Bundestag waren nach dem Hochhalten ihres Transparents NATO = Terror auf der Afghanistankonferenz zu den Demonstrat_innen gestoßen und berichteten unter gehörigem Beifall über ihre Aktion.
Werner Ruhoff – 8.12.2011
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