Syrien: Gezielte Angriffe auf Krankenhäuser und Schulen

amnestyBERLIN, 08.05.2020 – Syrische und russische Truppen verübten im Nordwesten Syriens gezielt Angriffe auf Krankenhäuser und Schulen. Das belegen Recherchen von Amnesty International, die in dem neuen Bericht „’Nowhere is safe for us’: Unlawful attacks and mass displacement in north-west Syria“ zusammengefasst sind.
„Amnesty International dokumentiert darin 18 Fälle von Angriffen, die mehrheitlich zwischen Januar und Februar 2020 in Idlib, West-Aleppo und dem nordwestlichen Gouvernement Hama durchgeführt wurden.“
Vier der Angriffe erfolgten bereits im Jahr 2019.

Für den Bericht wurden 74 Personen interviewt, darunter Binnenvertriebene, Lehrende, Ärzte und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen. Die Zeugenaussagen wurden durch Video- und Fotoaufnahmen sowie durch die Analyse von Satellitenbildern, Berichten von Planespottern vor Ort und abgehörte Kommunikation von russischen und syrischen Luftstreitkräften untermauert.

„Mit der jüngsten Offensive auf die letzten noch von Oppositionsgruppen gehaltenen Gebiete im Nordwesten Syriens setzt sich das unmenschliche Muster gezielter Angriffe der Assad-Regierung auf die Zivilbevölkerung und zivile Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser fort. Amnesty International konnte nun erstmals belegen, dass russische Streitkräfte direkt Luftangriffe auf ein Krankenhaus ausgeführt haben“, sagt Vanessa Ullrich, Syrien-Expertin bei Amnesty International in Deutschland.

Angriffe auf Krankenhäuser und Schulen

Amnesty International hat Angriffe auf fünf Krankenhäuser in den von bewaffneten Oppositionsgruppen kontrollierten Gebieten dokumentiert, die daraufhin geschlossen werden mussten.

Ein Arzt, der einen Angriff in der Nähe des al-Shami-Hospitals am 29. Januar 2020 überlebte, berichtete Amnesty International, dass dabei mindestens zwei Wohngebäude unweit des Krankenhauses zerstört und elf Zivilisten getötet sowie über 30 verletzt wurden. Unter den Toten war auch einer seiner Kollegen.

Auf der Grundlage übereinstimmender Zeugenaussagen sowie Beobachtungen sogenannter Planespotter kommt Amnesty International zu dem Schluss, dass russische Streitkräfte für diesen rechtswidrigen Angriff verantwortlich sind.

Amnesty International hat darüber hinaus Belege für den Abwurf von Fassbomben und vom Boden abgefeuerter Streumunition auf zwei Schulen am 28. Januar und 25. Februar 2020 gesammelt. Eine Lehrerin schilderte Amnesty International einen Angriff:

„Ein Geschoss explodierte vor meinen Füßen, Haut und Fleisch platzen auf […] der Schmerz war unerträglich […] Ich spürte eine solche Hitze, als würden meine Füße verbrennen. Zwei Schülerinnen waren in diesem Moment vor mir. Eine war sofort tot, die andere überlebte wie durch ein Wunder.”

Die Untersuchung von Amnesty International hat ergeben, dass es sich bei den eingesetzten Geschossen um 9M27K-Frachtraketen mit einem Kaliber von 220 Millimeter handelte, die in Russland hergestellt und an die syrische Armee geliefert wurden. Sie enthielten 9N210- oder 9N235-Streumunition. Der Einsatz von Streumunition ist nach dem Völkerrecht verboten.

„Die Ermittlungen von Amnesty International zeigen, dass die syrische Regierung bei Angriffen auf Schulen völkerrechtlich verbotene und in Russland hergestellte Streumunition eingesetzt hat, durch die Kinder und Lehrende auf grausame Weise getötet und verletzt wurden. Es handelt sich dabei um Kriegsverbrechen“, sagt Vanessa Ullrich. „Die Art und Weise, in der die Assad-Regierung vorsätzlich die Zivilbevölkerung terrorisiert, zeigt einmal mehr: Es gibt keine sicheren Orte in Syrien. Der in Deutschland geltende Abschiebungsstopp in das Land bleibt unabdingbar.“

Vertreibung und katastrophale Lebensbedingungen

Die jüngsten Angriffe auf Idlib zwangen zwischen Dezember 2019 und März 2020 nahezu eine Million Menschen – mehr als 80 Prozent davon Frauen und Kinder – in Gebiete in der Nähe der türkischen Grenze zu fliehen.

Die Menschen in Idlib werden auf einer immer kleiner werdenden Fläche zusammengedrängt und leben unter unmenschlichen Bedingungen. Humanitäre Unterstützung wird dringender denn je gebraucht. Am 10. Juli läuft jedoch die Crossborder-UN-Resolution aus, die bisher humanitäre Hilfe über die syrische Grenze in den Nordwesten des Landes und andere Gebiete ermöglicht hat, die von bewaffneten Oppositionsgruppen kontrolliert werden.

Vanessa Ullrich fordert deshalb: „Die Bundesregierung muss sich im UN-Sicherheitsrat dafür einsetzen, dass die Crossborder-UN-Resolution – eine lebenswichtige Versorgungsader für Tausende Menschen – verlängert wird.“

Quelle: www.amnesty.de

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Nachrichten und Doku

Esports World Cup mit Rekord-Preisgeld


Life Changing Prize Money 1920x1080Das höchste Preisgeld in der Geschichte des E-Sports ist richtungsweisend für das anstehende Turnier im Sommer und unterstreicht ein globales, umfassendes Engagement für die Zukunft des kompetitiven Gamings

 Innovatives Format zur Krönung eines sp...


weiterlesen...

Impulse für Kölner Veedels-Kneipe:


240409 Klettenberger Hof Biergarten I Foto P. Eismar honorarfreiKöln, 9. April 2024 – Der Klettenberger Hof hat sich über die Jahre als Wohnzimmer für das Veedel etabliert. Hier treffen sich die Sülzer, um zu klönen, die Spiele des 1. FC Köln mit Südkurvenfeeling zu verfolgen oder einfach nur die Geselligkeit ...


weiterlesen...

27.04.2024 Finissage + Artist Talk:


das esszimmerUnter dem Label enclosed space präsentieren die ausstellenden Künstler*innen sowie weitere Kolleg*innen in unregelmäßigen Abständen und in wechselnden Zusammensetzungen Ihre Arbeiten.
Sie alle vereint Ihre (Vor-)Liebe für den umschlossenen Raum, ...


weiterlesen...

222 Jahre Hänneschen-Theater


Ausstellung Hänneschen Puppen in der Kassenhalle der Kreissparkasse Köln Foto KSKAusstellung vom 22. April bis 17. Mai 2024 in der Kassenhalle der Kreissparkasse Köln am Neumarkt

Köln, den 18. April 2024 Das Hänneschen-Theater begeht in diesem Jahr seinen 222. Geburtstag und möchte dieses besondere kölsche Jubiläum mit möglich...


weiterlesen...

Neue Ausgabe von Aus Politik und


778254 publication product 466xNeue Ausgabe von Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ) erschienen // Fokus auf die Zeit der Bonner Republik mit Bonn als Bundeshauptstadt // Printausgabe oder online unter www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/bonn-2024 

Die Bundeszentrale für politi...


weiterlesen...

ntelligentes Prüfsystem für technische


Bild CAISA TH KölnTH Köln optimiert Inspektion von transparenten Glasprodukten wie Linsen

Von Ofenfenstern über Messkolben bis zu Displays für Elektrogeräte: Technisches Glas wird aufgrund seiner Eigenschaften wie Hitze- und Chemikalienbeständigkeit in zahlreichen ...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.