Geschrieben am . Veröffentlicht in Kunst und Kultur in Köln.

01.05.- 31.07.17 "sehnsucht | anhelo" Schlüsselwerke aus der Sammlung Michael Horbach

sehnsucht  anheloFotografie-Interessierte in Köln und darüber hinaus kennen die Kunsträume der Michael Horbach Stiftung in der Kölner Südstadt. Regelmäßig werden hier – bei freiem Eintritt – überraschende Ausstellungen präsentiert. Sei es, dass die von Michael Horbach initiierten Einzel- oder Gruppenausstellungen klar Position beziehen zu gesellschaftlichen Phänomenen, dass sie soziale Fragen tangieren oder jungen Fotografinnen und Fotografen die Möglichkeit geben, sich mit ihrer Arbeit vorzustellen. In diesem Sinne gab es gleich zu Jahresbeginn im Rahmen der Ausstellung „Menschen auf der Flucht“ Gelegenheit, sich über Aufnahmen von Christoph Püschner, Frank Schultze und Sinawi Medine mit Fragen rund um das brisante Thema Flucht und Migration auseinanderzusetzen.

Michael Horbach als Initiator eines Kunst- und Kulturzentrums, als Kurator, Stifter und Mäzen ist bekannt - unter anderem vergibt er alle zwei Jahre einen hoch dotierten Fotopreis sowie regelmäßig Aufenthaltsstipendien an junge Kreative vorzugsweise aus Lateinamerika. Weniger bekannt hingegen ist der Sammler Michael Horbach. Wobei er auch in dieser Rolle hauptsächlich junge, engagierte Kamerakünstler unterstützt. Seit gut anderthalb Jahrzehnten sammelt Michael Horbach Fotografie, und er sammelt bewusst gegen den Strich. Nicht die jeweils aktuellen Trends, hoch gehandelten Namen, klingenden Ismen oder gar „sicheren Werte“ sind es, die ihn interessieren. Michael Horbachs Leidenschaft zielt auf Positionen, die man einer – im weitesten Sinne – modernen, zeitgemäßen „Photographie humaniste“ zuordnen könnte. Im Kern zielt Michael Horbachs Passion auf vorzugsweise schwarzweiße Bilder, auf Arbeiten, die die Balance wahren zwischen formal-ästhetischer Exzellenz und einer humanistischen Botschaft – kurz auf Bilder, die sich mit den großen wie alltäglichen menschlichen Seinsfragen auseinandersetzen und zugleich als „große stille Bilder“ (Norbert Bolz), als wichtige, überraschende, gut gesehene Bilder überzeugen.

Erstmals gibt nun eine umfangreiche Ausstellung in den Räumen der Michael Horbach Stiftung Einblick in diesen Teilbereich der privaten Kollektion des Kölner Sammlers. Ab 1. Mai (Vernissage 11 bis 14 Uhr) zeigen die Kunsträume in der Wormser Straße rund 150 Arbeiten von 24 Künstlern, darunter bekannte Fotografen wie Alberto Korda, Sebastião Salgado, Christina García Rodero oder Flor Garduño, aber auch in Europa praktisch unbekannte jüngere Positionen mit Namen wie Juan Carlos Alom, Raúl Cañibano Ercilla, Arien Chang Castán oder Alfredo Sarabia. Was die Künstler verbindet, sind Neugier, ein ausgeprägtes Interesse an sozialen Phänomenen, ein teilnehmender Blick sowie eine ganz eigene, dabei suggestive Bildsprache. Mit Beat Presser (Schweiz), Pep Bonet (Spanien), Jan Grarup, (Dänemark), Thomas Dorn oder Frank Gaudlitz (Deutschland) sind auch europäische Fotografen mit ihrer Sicht auf Afrika oder Lateinamerika vertreten. Zugleich liegt der Schwerpunkt der Schau auf den fotografischen Kulturen Kubas und Lateinamerikas, auf Künstlern deren besonderer Zugriff auf die Welt bereits der legendären Schweizer Ausstellungsmacherin Erika Billeter aufgefallen war. Bilder aus Lateinamerika seien – so Billeter – immer ohne Umschweife erfasste „Dokumente der Menschlichkeit“. Nicht zufällig trägt ihre 1994 erschienene Anthologie lateinamerikanischer Fotografie den Untertitel „Canto a la Realidad“. Die Fotografen Lateinamerikas experimentieren nicht, sagt Billeter, „sie sehen.“

Ausdrücklich verfolgt Michael Horbach mit seiner Ausstellungs- wie Sammeltätigkeit ein kulturelles ebenso wie ein soziales Anliegen. Ein Stück Aufklärung kommt hinzu. „Viele der Fotografien wecken in mir Fernweh“, beschreibt Michael Horbach seine Affinität zu bestimmten Aufnahmen. „Sehnsucht nach fernen Ländern und den Menschen dort. Nach den so ganz anderen Farben, dem Licht und den Gerüchen. Nach einem einfachen und normalen Leben – aber auch Sehnsucht nach sozialer Gerechtigkeit. Durch meine Sammlung will ich einer Haltung Ausdruck geben, eine Botschaft verkünden: Lasst uns über den eigenen Tellerrand gucken – was heute nötiger ist, denn je. Lernen wir von fremden Kulturen! Sehen wir ihren Reichtum – trotz der materiellen Armut!“

Die von Hans-Michael Koetzle (München) in Zusammenarbeit mit Michael Horbach kuratierte Ausstellung ist vom 1. Mai bis 30. Juli 2017 in den Kunsträumen der Michael Horbach Stiftung zu sehen. Begleitend erscheint im Kehrer Verlag ein vom Berliner Designer Detlev Pusch ideenreich gestaltetes Buch, herausgegeben und mit einem Essay von Hans-Michael Koetzle: sehnsucht – anhelo: Sammlung Michael Horbach (180 Seiten, gebunden, 115 Abbildungen).

Vernissage: Sonntag 01. Mai 2017 von 11-14 Uhr

Ausstellungsdauer: 01. Mai bis 31. Juli 2017
Öffnungszeiten: Mi. und Fr. 15.30-18.30 Uhr , So. 11-14 Uhr und nach Vereinbarung.

Kunsträume der Michael Horbach Stiftung
Wormser Straße 23
50677 Köln

www.michael-horbach-stiftung.de