Podiumsdiskussion - Das „süße Gift“ der Nazi-Kunst im KunstForumEifel!

eifeler buendnisPro und Contra: Braucht die Eifel eine solche Ausstellung  von dem NS-Künstler Werner Peiner?

am Freitag, den 24. August 2012, 19 Uhr, Kurhaus Gemünd,

vom Eifeler Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt

Die aktuelle Werkschau des u. a. von Adolf Hitler und Hermann Göring umfangreich geförderten Malers und hoch dekorierten NS-Staatskünstlers Prof. Werner Peiner (1897-1984) im „KunstForumEifel“ hat wie keine vorherige Ausstellung die Öffentlichkeit in der Eifel emotionalisiert und gespalten. Ausführlich wurde über die Konflikte in den deutschen Zeitungen, dem Rundfunk und im Fernsehen berichtet. Im Vorfeld der Ausstellung und am Eröffnungstag selbst kam es zu öffentlichen Demonstrationen. Die Lager sind polarisiert und stehen sich kritisch bis ablehnend gegenüber. Und das bis heute.

Keiner von Seiten der verantwortlichen Ausstellungsveranstalter hat sich nachdrücklich dafür eingesetzt, die unversöhnlich wirkenden Lager zusammenzubringen. Selbst die Ausstellungs-Fürsprecher und -Gegner haben es nicht geschafft, sich zusammenzusetzen, um gemeinsam darüber zu diskutieren, wie man denn heute und in Zukunft in der Eifel mit dem eigenen Erbe der nationalsozialistischen Kunst umgehen soll. Immerhin hat der Nationalsozialismus in der Eifel bis heute seine tiefen Spuren, nachhaltigen Prägungen und mannigfaltigen sichtbaren Dokumente aus der Zeit der 3. Reiches hinterlassen.

In hohem Maße irritierend, wenn nicht sogar besorgniserregend ist die Tatsache, dass in deutschen Schulen, Museen und Universitäten so gut wie gar nicht, von den wenigen Ausnahmen abgesehen, über die Zusammenhänge, Hintergründe und Funktionen der hochgradig ideologisierten NS-Kunst gesprochen und aufgeklärt wird. Die Nazi-Kunst ist bis heute ein relativ blinder Fleck im Bewusstsein der Öffentlichkeit, Medien und Fachinstitutionen. Völlig unverständlich, wenn man bedenkt, wie omnipräsent und häufig ansonsten die kritische Auseinandersetzung mit der allgemeinen Geschichte des Nationalsozialismus geführt wird. Dazu kommt das vielerorts und in vielen Köpfen immer noch vorhandene Verdrängen und Verleugnen der Vergangenheit. Das zeigen die vielen Untersuchungen und Beispiele. Dazu kommt ein latenter Antisemitismus in der deutschen Bevölkerung, der bei über 20% liegt. Hinsichtlich der NS-Kunst gibt es kein fundiertes Breiten-Wissen in der Gesellschaft. Diese große Unkenntnis birgt Gefahren der neuen Verführbarkeit und gesteuerten Ignoranz in sich. Und so darf es nicht wundern, dass das „süße Gift“ der Nazi-Kunst noch heute seine Wirkungskräfte entfalten kann, wie die verschiedenen Beispiele zeigen.

2006 hat in Schwerin die Arno-Breker-Ausstellung, der Lieblingsbildhauer von Adolf Hitler, deutschlandweit über Monate zu heftigen Feuilleton-Schlachten und scharfen Verdächtigungen geführt. „Ganz bewusst hat man in Schwerin einen Tabubruch in Kauf genommen, um eine Ausstellung erfolgreich und dennoch verantwortungslos zu vermarkten“, so das Urteil vieler Kritiker.

In der Eifel-Stadt Wittlich hat man 2009 die Stelle des Leiters des Kulturamtes, des Georg-Meistermann-Museums und der Gedenk-, Tagungs- und Kulturstätte abgeschafft, um eine vom nationalsozialistischen Geist durchdrungene Kunst-Ausstellung zu ermöglichen. Denn erst nach der Stellenabschaffung konnte der Leiter entlassen werden. Gestützt auf externe Fachgutachten hatte sich der Leiter und NS-Kunstexperte dagegen ausgesprochen, im städtischen Meistermann-Museum den örtlichen, völkischen Künstler, NSDAP-Parteimitglied und Oberscharführer der Hitler-Jugend, Hanns Scherl (1910-2001), „ehrend und würdigend“ auszustellen. Zuvor hatten sich im Jahr 2007 die Wittlicher CDU, FDP und FWG in einem bis heute in Deutschland einmaligen, „politischen, künstlerischen Fünfjahresplan“ dafür eingesetzt, u. a. die „städtische offizielle und öffentliche Würdigung(!) und Ehrung(!) von Hanns Scherl“ im Meistermann-Museum ohne jede Rücksichten und mit allen Mitteln politisch durchzusetzen. Selbst der Widerstand von SPD und Grüne im Kulturausschuss und im Stadtrat konnte dies nicht verhindern. Dass man dabei den Grundgesetz-Artikel 5, Absatz 3, „Kunst und Wissenschaft sind frei“ gebrochen hatte, störte die drei Parteien nicht – bis heute. Als dann 2010 die Hanns-Scherl-Ausstellung schließlich nach der Entlassung des ehemaligen Leiters mit außerordentlich viel Aufwand gezeigt werden konnte, hatte die Familie Meistermann aus Prostest den Namen des verfemten Künstlers Meistermann zurückgezogen. Über diesen hoch brisanten „Nazi-Kunst-und-Politik-Super-Gau-Skandal“ von Wittlich wird in Deutschland und u. a. an verschiedenen Universitäten seit Jahren immer wieder berichtet. Dabei versuchte die Stadt Wittlich immer wieder, Aufklärungsprojekte zu all diesen Vorgängen mit den verschiedensten Mitteln zu verhindern.

In Bitburg wurde in dem von der Bitburger Brauerei geförderten und eingerichteten Kultur-„Haus Beda“ bis 2012 ohne jede kritisch aufgearbeitete Information oder minimale historische Aufklärung zahlreiche, große Nazi-Künstler über Jahrzehnte gesammelt und würdigend ausgestellt. Kein geringerer als der Bitburger-Brauerei-Firmenchef Dr. Hans Simon hat diese ausgewiesene Nazi-Kunst-Kollektion (u. a. Arno Breker, Fritz Klimsch, Werner Peiner, Hanns Scherl) nach dem Krieg in Bitburg zusammengetragen. In einer extra und mit viel Aufwand geschaffenen kleinen Parkanlage wurden verschiedene „Größen“ der NS-Kunst äußerst publikumswirksam im „Haus Beda“ öffentlich und bis in diesen Sommer hinein ausgestellt. Wissenschaftliche Anfragen zu der Nazi-Kunst-Sammlung und den Hintergründen wurden und werden nicht beantwortet. Auf diese unhaltbaren Zustände angesprochen, machte am 10.8.2012 der amtierende Stiftungsratsvorsitzende deutlich, dass man solche Anfragen nicht zu beantworten brauche. Was ist das für ein Umgang mit der Öffentlichkeit, der Wissenschaft und der in Deutschland so selbstverständlich gewordenen Erkenntnis, dass man sich offen und verantwortungsvoll den Fragen der Vergangenheit zu stellen habe. Für einen so international aufgestellten Global Player wie die Bitburger-Brauerei sollte dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit in der heutigen Demokratie sein. Anderenfalls kann man mit einem solchen Verhalten nur Misstrauen und Ängste auslösen. Viele in der Stadt Bitburg sowie in der großen Region kennen diese Hintergründe. Bloß keiner von Seiten der Politik, Presse und Öffentlichkeit traut sich seit Jahrzehnten öffentlich darüber zu sprechen, geschweige denn kritische Fragen zu stellen. Öffentlich darüber diskutiert wurde bis heute nicht. Dort wie in anderen Städten und deutschen Regionen herrschen ein kollektives Schweigen, bewusstes Wegsehen und nicht zu selten auch ein Verleugnen der NS-Kunst-Vergangenheit vor.

Wie zuvor in Wittlich fand im gleichen Jahr 2010 im Langenfelder „Kulturellen Forum“ die Werkschau von Werner Peiner statt. Sie stand unter dem Haupttitel „Hofiert und Verfemt“. Ein grotesker Ausstellungstitel, wenn man sich die Bilder vor Ort angeschaut hatte. Schon nicht mehr grotesk war es aber, als man schlicht die NS-Kunst-Täterschaft und die persönlichen Verstrickungen von Peiner auf der Homepage verharmlost, wenn nicht sich sogar verschwiegen hatte. In bezeichnender Weise stand auf der hauseigenen Homepage geschrieben: „Eine Verurteilung [Werner Peiners] als ‚Blut- und Boden‘-Maler ist jedoch nicht angebracht, da er sich in der Malweise und mit den Themen den Anforderungen der Nazis nicht unterwarf.“ Eine glatte Unwahrheit.

Vorwürfe der Unseriösität und Verharmlosung wurden in Gemünd erhoben, auch wenn so manche Kritik weit über das Ziel hinausging und eher als überzogene Unterstellung zu bewerten ist. Über diese offenen Fragen und erhobenen Vorwürfen wollen wir auf dem Podium, mit anschließender Zuhörerbeteiligung, in kritischer, offener und tabufreier Weise diskutieren. Ferner soll tiefergehend untersucht und geprüft werden, ob sich diese Kritiken und Vorwürfe tatsächlich halten und belegen lassen. Aus diesem Grund sowie um die erheblichen lokalen Dialog-Defizite und großen Konflikte in Gemünd abzubauen, hat das „Eifeler Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt“ eine Podiumsdiskussion im Kurhaus Gemünd, Kleiner Kursaal, Kurhausstraße 5, 53937 Schleiden-Gemünd, für die Öffentlichkeit initiiert und organisiert. Die Diskussionsrunde mit ausgewiesenen Fachleuten und Experten steht unter dem Titel „Das ‚süße Gift‘ der Nazi-Kunst im KunstForumEifel. Pro und Contra: Braucht die Eifel eine solche Ausstellung von dem NS-Künstler Werner Peiner?“ Angefragt wurden Dr. M.A. Justinus Maria Calleen (Kunsthistoriker, Historiker und Ausstellungsmacher), Norbert Küpper (Kunsthistoriker M. A., Maler und Publizist), Marcus Albanus (Enkel und Nachlassverwalter von Prof. Werner Peiner), Dr. Dieter Pesch (Verantwortlicher Kurator der Peiner-Ausstellung), ein Vorstandsvertreter vom „KunstForumEifel“ und ein Vertreter vom „Eifeler Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt“.

Die Moderation übernimmt der unabhängige NS-Kunst-Forschungs- und Museumsförderer Hajo Jahn. Über Jahrzehnte hat sich der bekannte, ehemalige WDR-Studioleiter und heutige Erste Vorsitzende der „Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft“, Wuppertal, einen großen Namen gemacht. Auf ihn geht unter anderem die Gründung der „Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft“ und des  „Deutschen Zentrums für Verfolgte Künste“ zurück. Der ausgewiesene und von der „Stiftung Bibel und Kultur“ 2010 für sein „wissenschaftliches Lebenswerk geehrte“ NS-Kunstexperte, Kunsthistoriker, Historiker und renommierte Ausstellungsmacher Dr. M.A. Justinus Maria Calleen wird in das Thema durch sein Referat, „Das ‚süße Gift‘ der Nazi-Kunst. Wie sollen wir mit der Kunst des 3. Reiches umgehen?“, einführen. Auf den ebenfalls vom „Eifeler Bündnis“ völlig unabhängig arbeitenden, wissenschaftlichen Experten der Kunst-, Gedenk- und Erinnerungsarbeit, Dr. Calleen, geht das wissenschaftliche Konzept der „Gemünder Aufklärungs- und Vermittlungs-Veranstaltung“ zurück.

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