Iran: Protestierende in Haft schwer gefoltert

amnesty logoBERLIN, 01.09.2020 – Im Iran haben Polizei, Geheimdienst, andere Sicherheitskräfte und Gefängnisbedienstete in den vergangenen Monaten schwerwiegende Menschenrechtsrechtsverletzungen an Gefangenen verübt. Dies dokumentiert Amnesty International in der neuen Studie „Trampling humanity: Mass arrests, disappearances and torture since Iran’s 2019 November protests“. Die Untersuchung enthält Berichte über willkürliche Inhaftierungen, Verschwindenlassen sowie Folter und andere Misshandlungen von Dutzenden Protestierenden, die im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten im November 2019 festgenommen wurden.

„Das massive Vorgehen der iranischen Behörden fügt sich nahtlos in die Kette der Unterdrückung jeglicher Proteste im Iran ein. Die Massenverhaftungen, die routinemäßige Folter, erpresste „Geständnisse“ und die Verurteilung zu langen Haftstrafen wegen vage  formulierter Straftatbestände folgen einem bekannten Muster. Besonders erschreckend ist, dass der mit der Todesstrafe belegte Tatbestand ‚Kampf gegen Gott‘, der sonst auf bewaffneten Widerstand angewendet wird, erneut gewaltlos Protestierende trifft“, erklärt Dieter Karg, Iran-Experte bei Amnesty International in Deutschland.

Amnesty International hat für den neuen Bericht Interviews mit 60 Opfern von willkürlicher Festnahme und Folter beziehungsweise mit Personen aus deren nahem Umfeld geführt, zudem mit zwei Protestierenden, die sich versteckt halten, und 14 Personen, die Kenntnisse über das Vorgehen gegen die Gefangenen hatten. Außerdem liegen Amnesty schriftliche Stellungnahmen von mehreren Hundert Menschen im Iran sowie die Analyse von Videoaufnahmen, Stellungnahmen der Behörden und Gerichtsunterlagen vor.

Verbreitete Folter und Opfer im Kindesalter

In allen von Amnesty International dokumentierten Fällen berichteten die Betroffenen von verschiedenen Formen psychologischer Folter zur Erzwingung von „Geständnissen”, darunter erniedrigende Beleidigungen und Obszönitäten, die Einschüchterung und Drangsalierung von Familienangehörigen, Drohungen, nahe Verwandte zu inhaftieren, zu foltern, zu töten oder ihnen anderweitig Schaden zuzufügen und die Androhung von Vergewaltigung der Gefangenen selbst oder deren weiblicher Angehöriger.

Zu den Opfern gehörten sogar zehnjährige Kinder und verletzte Protestierende und Passanten und Passantinnen, die in Krankenhäusern festgenommen wurden, wo sie gerade ihre Schussverletzungen behandeln lassen wollten. Betroffen waren auch Menschenrechtsverteidiger und Menschenrechtsverteidigerinnen, Medienschaffende und Personen, die an Gedenkveranstaltungen für bei den Protesten Getötete teilgenommen hatten.

Unfaire Prozesse und Todesurteile

Seit den Protesten im November 2019 sind Hunderte Menschen in unfairen Prozessen zu Haft- und Prügelstrafen verurteilt worden, gegen mehrere Personen wurde ein Todesurteil verhängt. Die Verfahren fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit und dem Vorsitz voreingenommener Richter statt und basierten in den meisten Fällen auf durch Folter erlangten “Geständnissen”.

Die Haftstrafen gegen die Verurteilten lagen zwischen einem Monat und zehn Jahren. Die Schuldsprüche bezogen sich auf vage und fadenscheinige Anklagepunkte, darunter „Versammlung und Vereinbarung von Straftaten gegen die nationale Sicherheit”, „Verbreitung von Propaganda gegen das System”, „Störung der öffentlichen Ordnung” oder „Beleidigung des Obersten Religionsführers“. Mindestens drei Angeklagte, Amirhossein Moradi, Mohammad Rajabi und Saeed Tamjidi, wurden wegen „Kampf gegen Gott” (moharebeh) durch Vandalismus zum Tode verurteilt.

Amnesty International fordert die Mitgliedstaaten des UN-Menschenrechtsrats und das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte auf, sich mit der anhaltenden systematischen Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen im Iran zu befassen Dazu gehört auch die Einrichtung einer von den UN geleiteten Untersuchung, um sicherzustellen, dass die Verantwortlichen ermittelt und vor Gericht gestellt werden und sich solche Taten nicht wiederholen.

Die in dem neuen Amnesty-Bericht befragten Gefangenen gehören zu den 7.000 Männern, Frauen und Kindern, die im Zusammenhang mit der brutalen Unterdrückung der Proteste vom November 2019 festgenommen wurden. Amnesty International liegen zudem die Namen und weitere Informationen von mehr als 500 Protestierenden und anderen Personen vor, darunter Medienschaffende sowie Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger, die im Zusammenhang mit den Protesten unfairen Verfahren ausgesetzt waren.

Quelle: www.amnesty.de

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Kunst und Kultur in Köln

17.05.2024 Frau Wu und Andere Im Fort


IMG 20240311 WA0000Am 17. Mai wird in einem Kölner Fort, dem Fort Paul der Südstadt, gelegen im Volksgarten, eine Gruppenausstellung zu sehen sein, deren besonderes Juwel eine chinesische Künstlerin ist, die vorwiegend mit Wasser arbeitet. Gemeint ist Jiaying Wu, au...


weiterlesen...

Atomwaffengegner will Friedensgebot und


antimilitaristischer Protest am Fliegerhorst Buchel 8.5.2023Weimar / Koblenz, 12.5.2024. Am 8. Mai 2023 protestierte eine Gruppe von sieben Aktivisten gewaltfrei gegen die zwanzig US-amerikanischen Atombomben, die auf dem Bundeswehr-Flugplatz Büchel / Eifel lagern. Die Gruppe spazierte durch das offene Bau...


weiterlesen...

phil.COLOGNE 2024 bietet erstmals


2024philCOLOGNE PKHieronymus Ronneper smallVon Kant über Krisen bis Zuversicht – Ticket-Vorverkauf gestartet
Die zwölfte phil.COLOGNE begegnet vom 11. bis 18. Juni 2024 der eskalativen Weltlage mit einem erneut erweiterten Programm. Erstmals umfasst das Festival vierzig Einzelveranstaltunge...


weiterlesen...

CircusDanceFestival beste „Junge


koelner kulturpreisStück „Mein Vater war König David“ Kulturereignis des Jahres 2023

Köln, 14. Mai 2024. Das Stück „Mein Vater war König David“, eine Koproduktion vom ANALOG Theater, ORANGERIE Theater im Volksgarten, dem NS-Dokumentationszentrum Köln und der studi...


weiterlesen...

"It's all about the money?!" –


bPb LogoOnline-Veranstaltungsreihe zu Grundlagen und Praxis außerschulischer sozioökonomischer Bildung // Sieben verschiedene Workshops und Diskussionsveranstaltungen ab 28. Mai 2024 // Informationen und Anmeldung unter: www.bpb.de/547414

Die Bundeszentr...


weiterlesen...

Talk & Sing mit Martin Schlüter und


240513 Talk und Sing v.l. Jean Odenthal   Christian Knock   Frank Engel v. RheinRoxy   Martin Schlüter Foto M.Schlüter honorarfreiKöln, 13 Mai 2024 - Das neue Format „Talk & Sing“ wurde von Christian Kock und Martin Schlüter im letzten Sommer ins Leben gerufen. Das Konzept orientiert sich am Stil von „Ina Müller“ und kombiniert Talkshow-Elemente mit Live-Musik sowie klassisc...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop